Biodiversität? Soll sich lohnen!
Ein marktwirtschaftlicher Ansatz zur Bewahrung von Biodiversität und als Motivation für LandwirtInnen
Von Uta Sauer und Rainer Marggraf
Umwelt- und Ressourcenökonomie, Georg-August-Universität Göttingen
Viele Agrarumweltprogramme weisen Defizite auf: in der Effizienz der Erreichung ökologischer Ziele und in ihrer Akzeptanz. Festpreise, hohe Verwaltungskosten und eine geringe Flexibilität im landwirtschaftlichen Management stehen dagegen. Im Rahmen des Northeim-Projektes am Forschungs- und Studienzentrum Landwirtschaft und Umwelt wurde deshalb ein Agrarumweltprogramm entwickelt, das ökologische Leistungen der Landwirtschaft nach marktwirtschaftlichen Prinzipien entlohnt.
Nachfrage und Honorierung
Entscheidend bei diesem regionalisierten Programm ist, dass die ökologischen Leistungen der Landwirtschaft und die Produktion von Biodiversität auf Grünland- und Ackerflächen statt handlungsorientiert mithilfe eines Ausschreibungsverfahrens ergebnisorientiert honoriert werden. Die LandwirtInnen übernehmen als freiwillige Anbieter eine aktive Rolle im Angebot von Umweltleistungen und werden zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von Biodiversität motiviert. Der ökonomische und soziale Anreiz der Ausschreibungen führt zu einer effizienten Vergabe öffentlicher Mittel. Eine weiterführende Komponente ist die Beteiligung der lokalen Bevölkerung, stellvertretend durch ein regionales Entscheidungsgremium, das die ökologischen Güter der pflanzlichen Biodiversität nachfragt (s. Abbildung 1). Beispiele ökologischer Güter sind Pflanzen wie Mohn, Echte Kamille, Vogelmiere und Klettenlabkraut.
Die an einer Produktion der ausgeschriebenen ökologischen Güter auf ihren Flächen interessierten LandwirtInnen können innerhalb einer bestimmten Frist ein Angebot mit der Nennung eines Preises abgeben. Der Preis wird von den LandwirtInnen idealerweise auf Betriebsebene in Abhängigkeit zu den Produktionsbedingungen kalkuliert. Die günstigsten Angebote in Abhängigkeit zum Gesamtbudget erhalten den Zuschlag und die LandwirtInnen damit den Auftrag zur Produktion. Nach der Zuschlagserteilung findet im darauffolgenden Jahr die Kontrolle statt. Die Auszahlung des Honorars erfolgt nur, wenn die angebotenen Güter nachgewiesen werden.
Ökologische Güter und Bewirtschaftung
Die ökologischen Leistungen innerhalb des Honorierungssystems werden durch drei verschiedene Gruppen definiert: a) ökologische Güter auf Grünland, b) ökologische Güter auf Ackerflächen und c) sogenannte Zwischenstrukturen oder Landschaftselemente wie Gewässerrandstreifen und Hecken (Bertke, 2004). Diese werden anhand festgelegter floristischer Kriterien bestimmt, wie der Kräuterartenanzahl pro Flächeneinheit und dem Auftreten regionstypischer Kennarten. Um Artenvielfalt auf den Flächen zu produzieren, müssen die Landwirte auf einen Großteil ihres Einsatzes von Pestiziden (Herbizide, Wachstumsregler) und Düngemitteln verzichten. Dies führt auf der anderen Seite zu Einbußen in den Ernteerträgen, die sie betriebswirtschaftlich bei ihrer Preiskalkulation berücksichtigen sollten. Rote-Liste-Arten bieten neben den naturschutzfachlichen Vorteilen einen zusätzlichen, ökonomischen Anreiz, die Bewirtschaftungsmaßnahmen so anzupassen, dass ein höherwertiges Gut produziert und somit ein höherer Preis erzielt werden kann. Die Anlage von Zwischenstrukturen wie einem Gewässerrandstreifen beinhaltet die Stilllegung eines mindestens fünf Meter breiten Streifens zu einem Fluss oder Bach inklusive Grasansaat und Minimalpflege.
Ausschreibungsergebnisse
Innerhalb des Pilotprojektes (2000-2009) konnte in der Modellregion, dem Landkreis Northeim, die erforderliche Artenvielfalt bei zwei Grünlandausschreibungen der unter Vertrag genommenen 527 Hektar auf 92 Prozent nachgewiesen und honoriert werden. Bei zwei Ackerausschreibungen waren es insgesamt 61 Prozent; davon waren 71 Prozent der Flächen der konventionell wirtschaftenden Betriebe und 56 Prozent der Flächen der Öko-Betriebe erfolgreich.
Um die ökologischen Güter "Landschaftselemente" in der Projektphase zu berücksichtigen, wurde 2009 eine beschränkte Ausschreibung mit einem Honorierungsbudget von 500 Euro für die Anlage eines Gewässerrandstreifens durchgeführt. Die Gelder stammten u.a. von der engagierten Northeimer Bevölkerung. Der Zuschlag für die Anlage des Gewässerrandstreifens wurde neben der Flächengröße auch nach der Lage der zu begehbaren Wege und der naturschutzfachlichen Leistung (hier Ackerumwandlung) erteilt.
Im Ergebnis zeigt sich, dass eine regionalisierte Nachfrage mit ergebnisorientierter Entlohnung ein Instrument sein kann, um Bundes- und EU-Mittel innerhalb der Agrarumweltpolitik erfolgreich einzusetzen.
Umwelt- und Ressourcenökonomie, Georg-August-Universität Göttingen
Viele Agrarumweltprogramme weisen Defizite auf: in der Effizienz der Erreichung ökologischer Ziele und in ihrer Akzeptanz. Festpreise, hohe Verwaltungskosten und eine geringe Flexibilität im landwirtschaftlichen Management stehen dagegen. Im Rahmen des Northeim-Projektes am Forschungs- und Studienzentrum Landwirtschaft und Umwelt wurde deshalb ein Agrarumweltprogramm entwickelt, das ökologische Leistungen der Landwirtschaft nach marktwirtschaftlichen Prinzipien entlohnt.
Nachfrage und Honorierung
Entscheidend bei diesem regionalisierten Programm ist, dass die ökologischen Leistungen der Landwirtschaft und die Produktion von Biodiversität auf Grünland- und Ackerflächen statt handlungsorientiert mithilfe eines Ausschreibungsverfahrens ergebnisorientiert honoriert werden. Die LandwirtInnen übernehmen als freiwillige Anbieter eine aktive Rolle im Angebot von Umweltleistungen und werden zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung von Biodiversität motiviert. Der ökonomische und soziale Anreiz der Ausschreibungen führt zu einer effizienten Vergabe öffentlicher Mittel. Eine weiterführende Komponente ist die Beteiligung der lokalen Bevölkerung, stellvertretend durch ein regionales Entscheidungsgremium, das die ökologischen Güter der pflanzlichen Biodiversität nachfragt (s. Abbildung 1). Beispiele ökologischer Güter sind Pflanzen wie Mohn, Echte Kamille, Vogelmiere und Klettenlabkraut.
Abbildung 1 |
Ökologische Güter und Bewirtschaftung
Die ökologischen Leistungen innerhalb des Honorierungssystems werden durch drei verschiedene Gruppen definiert: a) ökologische Güter auf Grünland, b) ökologische Güter auf Ackerflächen und c) sogenannte Zwischenstrukturen oder Landschaftselemente wie Gewässerrandstreifen und Hecken (Bertke, 2004). Diese werden anhand festgelegter floristischer Kriterien bestimmt, wie der Kräuterartenanzahl pro Flächeneinheit und dem Auftreten regionstypischer Kennarten. Um Artenvielfalt auf den Flächen zu produzieren, müssen die Landwirte auf einen Großteil ihres Einsatzes von Pestiziden (Herbizide, Wachstumsregler) und Düngemitteln verzichten. Dies führt auf der anderen Seite zu Einbußen in den Ernteerträgen, die sie betriebswirtschaftlich bei ihrer Preiskalkulation berücksichtigen sollten. Rote-Liste-Arten bieten neben den naturschutzfachlichen Vorteilen einen zusätzlichen, ökonomischen Anreiz, die Bewirtschaftungsmaßnahmen so anzupassen, dass ein höherwertiges Gut produziert und somit ein höherer Preis erzielt werden kann. Die Anlage von Zwischenstrukturen wie einem Gewässerrandstreifen beinhaltet die Stilllegung eines mindestens fünf Meter breiten Streifens zu einem Fluss oder Bach inklusive Grasansaat und Minimalpflege.
Ausschreibungsergebnisse
Innerhalb des Pilotprojektes (2000-2009) konnte in der Modellregion, dem Landkreis Northeim, die erforderliche Artenvielfalt bei zwei Grünlandausschreibungen der unter Vertrag genommenen 527 Hektar auf 92 Prozent nachgewiesen und honoriert werden. Bei zwei Ackerausschreibungen waren es insgesamt 61 Prozent; davon waren 71 Prozent der Flächen der konventionell wirtschaftenden Betriebe und 56 Prozent der Flächen der Öko-Betriebe erfolgreich.
Foto: © Hans-Georg Stroh |
Foto: © Horst-Henning Steinmann |
Foto: © Uta Sauer |
Im Ergebnis zeigt sich, dass eine regionalisierte Nachfrage mit ergebnisorientierter Entlohnung ein Instrument sein kann, um Bundes- und EU-Mittel innerhalb der Agrarumweltpolitik erfolgreich einzusetzen.
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Die Europäische Business & Biodiversity Kampagne wurde von einem Konsortium aus europäischen Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) unter Führung des Global Nature Fund (GNF) initiiert. Ihre Zielsetzung ist es, die große - auch ökonomische - Bedeutung der Biodiversität darzulegen und das Engagement der Wirtschaft für den aktiven Schutz und Erhalt von biologischer Vielfalt sowie für Ökosystemdienstleistungen zu gewinnen. Die Kampagne unterstützt Unternehmen durch Biodiversity Checks, Workshops und regionale Biodiversitäts-Foren. In der Kampagnen-Community können Experten und Nicht-Experten ihr persönliches Profil, das Unternehmensprofil sowie Case Studies kostenlos präsentieren. Die Kampagne wird vom LIFE+Programm der Europäischen Union kofinanziert. Kooperationspartner ist die Initiative Biodiversity in Good Company, die das Handbuch Biodiversitätsmanagement veröffentlichte (www.business-and-biodiversity.de). Weitere Informationen zur Kampagne: www.business-biodiversity.eu |
Quelle:
Umwelt | Biodiversität, 11.10.2011
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