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Die neue Häuslichkeit der Oma 2060 und wie Smart Grids unser Leben verändern
Ich wache auf. Beim ersten Blinzeln springt die Kaffeemaschine an und ein warmes Tageslicht streift mein Gesicht. Vom Fenster kommt das nicht und ich wundere mich ... Achja, ich lebe ja im Jahr 2060! Ich bin alt und weise, und meine Wohnung ist intelligent:
Sie "fühlt", wenn ich aufwache und schaltet auf Tageslicht. Solche "Smart Homes" waren 2011 z.B. in Karlsruhe noch Experimentierlabore von Wissenschaftlern. Mein Schlafanzug damals war entweder immer zu dünn oder zu dick, heute misst er sofort meine Befindlichkeiten - normaler Blutdruck, Hautfeuchtigkeit okay, leicht erhöhte Körpertemperatur. Im Nu passt sich sein Nanogewebe an und gönnt meiner Haut etwas Frische. Nach knapp 60 Jahren hat sich die Rechnerleistung mal wieder vertausendfacht - frühere schwere Computer sind heute fingernagelgroß. Und quasi überall, selbst in meinem Schlafanzug. Sollte ich hinfallen - alten Menschen passiert das vermutlich auch 2060 noch manchmal -, spürt der Boden, dass ich da schon zu lange herumliege und ein Nachbar oder der Notarzt werden automatisch alarmiert. An Unterkühlung werde ich wohl auch nicht sterben: Mein Haus ist wie eine Thermoskanne gedämmt, innen nutzt es meine Wärme, und Nanokügelchen in der Wandfarbe, so genannte Face Changing Materials, sorgen für ein positives Klima. Wenn es mir doch mal zu kalt wird, schalte ich meine ökostrombetriebene Infrarotheizung an (2011 hatten das Pionierfirmen wie Primavera). Vor allem aber hat mich mein Haus im Laufe der Jahre zum PROSUMER gemacht - eine Mischung aus Produzent und Konsument von Energie: Die Photovoltaik auf dem Dach, das Blockheizkraftwerk im Keller, in der Nachbarschaft gibt's auch Wärmetauscher, die mit Abwasser heizen (2011: Vattenfall erprobte das in Berlin). In der Fassade des Hauses sind organische Solarzellen integriert (2011 bot Konarka Technologies sowas an) und Solarthermie sorgt auch für die warme Dusche am morgen (damals schon ein alter Hut). Die Effizienz meines Energieverbrauchs 2060 ist um den Faktor 4 gesteigert - das energieeffizienteste Haus der Welt stand 2011 wohl in Darmstadt.
Als ich in die Küche gehe, macht mein schlaues Haus hinter mir das Licht im Schlafzimmer aus. Ich schaue aus dem Fenster, es beginnt zu stürmen. "Da freut sich mein Windrad", denke ich noch und springe vor Schreck einen Satz zur Seite, denn mein Geschirrspüler geht neben mir an und der automatische Staubsauger wuselt durch die Wohnung. Die müssen wohl gespürt haben, dass ihnen jetzt genügend Energie zur Verfügung steht. Aus mit der Ruhe "vor dem Sturm"! Ich muss hier mal raus. Garage? Nicht mehr nötig! Ich lasse mich von einem dieser autonomen Autos chauffieren (2011 schon mit umgebauten VW Passats erprobt) oder nutze eine E-Auto-Flotte (2011 bei SAP in der Region Mannheim). Wenn ich nicht hinsehe, fahren die heimlich auf die vielen Induktionsladeschleifen neben den Häusern, um neue Energie zu tanken.
Die Welt 2060 besteht aus lauter kleinen dezentralen Energieerzeugern und -verbrauchern. Das muss natürlich koordiniert werden. Dazu gibt es virtuelle Kraftwerke, die die relevanten Daten bündeln und die Verteilung optimal steuern. Die Energieunternehmen haben es inzwischen verstanden, diesen Nutzen zu vermarkten.
Meine Enkel fragen mich manchmal: Warum habt ihr bis ins 21. Jahrhundert hinein Gas und Öl verbrannt? Und das jeweils nur um zu heizen, oder nur um zu fahren oder nur für die Stromerzeugung - statt die gesamte Energie zu nutzen?
Ein Traum wird war!? |
Darmstadt 2011: Das wohl attraktivste und energieeffizienteste Haus der Welt |
Die Welt 2060 besteht aus lauter kleinen dezentralen Energieerzeugern und -verbrauchern. Das muss natürlich koordiniert werden. Dazu gibt es virtuelle Kraftwerke, die die relevanten Daten bündeln und die Verteilung optimal steuern. Die Energieunternehmen haben es inzwischen verstanden, diesen Nutzen zu vermarkten.
Meine Enkel fragen mich manchmal: Warum habt ihr bis ins 21. Jahrhundert hinein Gas und Öl verbrannt? Und das jeweils nur um zu heizen, oder nur um zu fahren oder nur für die Stromerzeugung - statt die gesamte Energie zu nutzen?
Kann ich ihnen nicht sagen. Ich weiß nur, um mich herum bewegt sich vieles und schnell. Gute oder nicht gute Entwicklung, das kann ich bei aller Altersweisheit schwer einschätzen. Aber jetzt weiß ich, wie sich meine Oma gefühlt haben muss, als überall um sie herum Handys, Smart Phones und Emailadressen auftauchten.
Von Tina Teucher
Quelle:
Technik | Green Building, 08.11.2011
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2011 - Stadt der Zukunft erschienen.
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