Metropolen stellen sich den Herausforderungen des Klimawandels

42 Weltstädte mit 189 Millionen Einwohnern präsentieren Umweltbilanzen

Jede zweite Großstadt weltweit ist von Auswirkungen des Klimawandels erheblich betroffen. Umwelt- und Klimarisiken in Form von Überschwemmungen, Hitzewellen oder extremen Stürmen verursachen dort größeren Schäden an der Infrastruktur als bisher bekannt und belasten die Gesundheit der Bevölkerung. Dies geht aus dem CDP Cities Report 2011 hervor, den das Carbon Disclosure Project erstmals veröffentlicht hat.

"Städte stehen an vorderster Front im Kampf gegen den Klimawandel", sagt Michael Bloomberg, Bürgermeister der Stadt New York und Vorsitzender der C40-Städte. Dementsprechend berichten fast alle befragten Städte, dass die Folgen des Klimawandels einen bedeutenden Platz in der politischen Agenda eingenommen haben und vorrangig in den kommunalen Regierungen bearbeitet werden.

Die Studie, die gemeinsam mit KPMG erstellt wurde, gibt Auskunft über die Regierungsaktivitäten von 58 Metropolen, die sich zur "C40 Cities Climate Leadership Group" (C40) zusammengeschlossen haben. Fast drei Viertel dieser Städte (42 bzw. 72 Prozent) haben sich an der Informationsanfrage des CDP beteiligt und informierten über ihre CO2-Emissionen, regionalen Strategien sowie über Risiken und Chancen des Klimawandels. Bloomberg lobt, dass der Report erstmals die nötige Datengrundlage schaffe, so dass Städte wichtige Entscheidungen im Kampf gegen den Klimawandel treffen und international vergleichen könnten.

Europa zurückhaltend
Es fällt auf, dass sich europäische Städte zurückhaltender zeigen. Während 91 Prozent bzw. 89 Prozent aller nord- bzw. südamerikanischen Metropolen teilgenommen haben, sind nur 53 Prozent der europäischen Großstädte - darunter Berlin - zu der umfassenden Datenerfassung und Veröffentlichung bereit gewesen. Selbst in Afrika (75 Prozent) und Asien (71 Prozent) war die Teilnahmequote höher als in Europa.

Berlin bildete bereits 2007 eine Stabsstelle, besetzt mit 16 Klimawandel-Experten, die den Umweltsenat beraten. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit begrüßt die Initiative und bekundete dem CDP gegenüber, dass sich Berlin ambitionierte Ziele im Klimaschutz gesteckt habe.

Laut der CDP-Studie haben zwei Drittel aller befragten Städte konkrete Klimastrategien eingeführt und 57 Prozent setzten sich Ziele zur eigenen Treibhausgas-Reduktion. Aktivitäten umfassen hier sowohl Energieeinsparungen im Gebäudesektor und emissionsfreie Mobilität, als auch neue Müllkonzepte. Damit sind Städte in ihrer Zielsetzung zur Emissionsverminderung vergleichbar mit den Aktivitäten der Großkonzerne weltweit.

"Städte sind unsere große Hoffnung im Klimaschutz. Einerseits sind sie die Hauptleidtragenden von Bevölkerungswachstum, Ressourcenverknappung und Klimaveränderungen", sagt Caspar von Blomberg, Europachef des CDP. "Andererseits leisten sie auch heute vielfach schon aktiven Klimaschutz, der weit über die Klimaziele ihrer jeweiligen Staatsregierung hinausgeht". Entsprechend ihrer Rahmenbedingungen streben Metropolen unterschiedliche Lösungen zur Emissionsminderung und Anpassung an den Klimawandel an: London plant den Einsatz von 100.000 Elektrofahrzeugen bis 2020; Seoul zielt auf die Sanierung von 10.000 Gebäuden bis 2030 ab; Buenos Aires führt ein Netz von Taxi- und Busspuren ein; Austin möchte bis 2040 sämtlichen Müll im Stadtbereich vermeiden; São Paulo plant eine Reduktion von fossilen Brennstoffen im öffentlichen Verkehr von zehn Prozent pro Jahr - mit dem Ziel, bis 2017 klimaneutral im Transport zu sein. Um das Klimamanagement, aber auch Risiken und Strategien miteinander zu vergleichen, sei das CDP-Reporting in diesem Prozess ein wichtiges Instrument der Orientierung und des Austauschs von Daten und Best Practice Beispielen, hebt Caspar von Blomberg hervor.

Städte: Treiber und Opfer des Klimawandels
Mehr als die Hälfte der Menschheit lebt derzeit in Städten. Metropolen sind zum einen überproportional für den Ausstoß von CO2-Emissionen verantwortlich, zum anderen jedoch auch verwundbarer und stärker betroffen von den Auswirkungen des Klimawandels: Zwischen 60 Prozent und 70 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen werden in Städten ausgestoßen.
Andererseits richteten z.B. im Jahr 2007 Überflutungen in Indonesiens Hauptstadt Jakarta enorme Schäden an. Folgekosten gemäß CDP Cities Studie: 879 Millionen Dollar.

Mit dem "CDP Cities"-Programm hat das Carbon Disclosure Project sein bewährtes Reporting-System, das seit zehn Jahren von Unternehmen weltweit genutzt wird, nun auch für Metropolen zugänglich gemacht. Dies ermöglicht Städten, Emissionsdaten nach einheitlichen Standards zu erheben, Umwelt zerstörende Einflüsse auszumachen und wirksam zu reduzieren. Präventiv lassen sich zudem Risiken besser einschätzen und eindämmen.
 
 
 
Von Kora Cora Krause
 
Starke Städte
Migration und Integration, demographischer Wandel, Klimaschutz und Energiewende - bei der Bewältigung der großen Herausforderungen unserer Zeit spielen die Städte eine zentrale Rolle. Schon heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, in 40 Jahren werden es fast 70 Prozent sein. Wir brauchen deshalb starke Städte, die sich für Internationalität, Nachhaltigkeit und Solidarität einsetzen. Starke Städte, die mit starken Stadtwerken den Ausbau der Erneuerbaren Energien vorantreiben können. Starke Städte, die von der Bildungs- und Sozialpolitik bis hin zur Stadtentwicklung Ausgrenzung verhindern und allen Bürgerinnen und Bürgern - unabhängig von Alter und Einkommen, Herkunft und Religion - eine aktive Teilhabe ermöglichen. Nur mit starken Städten werden wir die Klimaziele erreichen und unsere natürlichen Lebensgrundlagen bewahren. Nur mit starken Städten können wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den sozialen Frieden auch in Zukunft sichern.

Christian Ude, Oberbürgermeister von München und Präsident des Deutschen Städtetages

Quelle:
Umwelt | Klima, 08.11.2011
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2011 - Stadt der Zukunft erschienen.
     
        
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