Das schmutzige Ende des Wassers

Nachhaltige Sanitärversorgung als globaler Wirtschaftsfaktor

Der Zugang zu Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene würde den weltweiten BIP um 7% steigern. Wie Jungunternehmer und Start-Ups sich daran beteiligen können, erklärte die German Toilet Organization bei der globalen Nexus-Konferenz über Wasser, Energie und Ernährung in Bonn.

Wir müssen endlich handeln, damit sich solche Schilder nicht häufen!
Foto: © December-Girl/pixelio.de
Wenn es darum geht, Aufmerksamkeit zu generieren, könnte so manche Marketingabteilung sich wahrscheinlich ein Beispiel an Thilo Panzerbieter, dem Geschäftsführer der German Toilet Organization (GTO), nehmen. Mit einer goldenen Toilette, in deren Schüssel ein Zierkohl gepflanzt ist, lädt er zu einem Workshop über Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene im Rahmen der Nexus-Konferenz in Bonn ein: Er will, dass das schmutzige Ende des Wassers einen wichtigen Platz sowohl bei dieser Vorbereitungskonferenz für den UN-Nachhaltigkeitsgipfel Rio+20 im nächsten Jahr, als auch während des Gipfels selbst erhält.

"Wasser und Abwasser, also auch die grundlegenden Sanitärversorgung mit Toiletten, ist ein gigantischer, oftmals dysfunktionaler Markt, der global durch neue Geschäftsmodelle erforscht, stimuliert und ausgebaut werden kann", erklärt Panzerbieter. "Zum Beispiel werden Exkremente schon immer illegal als Dünger verwendet. Wenn man es schafft, dieses Material ordentlich aufzubereiten, dann redet man auf einmal nicht mehr von einer Klo-Leitung sondern einer Ressourcen- Leitung.

Überall im Bonner Konferenzzentrum hat die FTO Aufkleber angebracht, die mit blanken Fakten erschrecken: Würde man zum Beispiel den Urin der Bevölkerung der Philippinien ein Jahr lang sammeln, könnte man dieses in bare Münze umwandeln - nämlich in $35 pro Person. Auch vielen der 700 Experten, die drei Tage lang über den Nexus - die Verknüpfung der wesentlichen Ziele für nachhaltige Entwicklung - diskutieren, ist das dreckige Ende der Kette nicht immer präsent.
"Dazu muss man wohl mit Landwirtschaft zu tun haben", sagt Dr. Rüdiger Schaub, Nachhaltigkeitschef bei Bayer CropScience. "Für jeden Landwirt ist klar, dass Produktivitätssteigerung in Sachen Ernährung nicht ohne die Verknüpfung mit Wasser und Energie geht, und auch noch nie gegangen ist."

Wasser ist nur eine der drei lebenswichtigen Ressourcen, die schwinden während die Weltbevölkerung explosionsartig wächst. Rund 20 Prozent der Menschheit hat immer noch keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und ganze 40 Prozent ist den oftmals tödlichen Krankheitserregern ausgesetzt, die sich in den eigenen und den Exkrementen der Nachbarn befinden.

Frauen in Afrika verbringen bis zu 20 Stunden am Tag damit, Wasser zu beschaffen, anstatt Geld verdienen zu können - das sind 40 Milliarden verlorene Arbeitsstunden in Afrika pro Jahr. Eine Familie verbrennt jährlich das Equivalent von 17 Bäumen, nur um schmutziges Wasser abzukochen. Mit den Exkrementen einer Person könnten täglich 22 Liter Biogas erzeugt werden.

Seit 2010 ist das Recht auf Wasser und Sanitärversorgung ein Menschenrecht. Allein dadurch wächst der Wassermarkt - von Pumpen über Aufbereitungsanlagen bis hin zu Trockentoiletten - jährlich um 6 %.
Wie man diesen Markt entsprechend nutzt, erklärt Johannes Heeb vom International Center for Water Management Services (CEWAS) mit Sitz in der Schweiz. "Die meisten Start-Ups schaffen es nicht, weil ihnen die erfahrenen Mentoren und Referenzen für vorherige Erfolge fehlen," erklärt Heeb. "Bei CEWAS haben wir sowohl die erfahrenen Experten - von den Ingenieuren bis hin zu den Finanzexperten - als auch die Möglichkeit, Jungunternehmer in laufende Projekte einzubinden, so dass sie sich einen Track-Rekord und Referenzen schaffen können."

Von der Rio+20 Konferenz im Juni nächsten Jahres erwarten viele Teilnehmer, dass sie nicht zuletzt eine neue UN-Organisation für Umwelt und Nachhaltige Entwicklung beschließt. Dann würde auch das Thema Toiletten endlich einen bedeutenderen Platz im Bewusstsein von Politik und Privatwirtschaft einnehmen, glaubt Panzerbieter. "Den meisten Menschen ist weder klar, wie ihr Leben ohne Wasseraufbereitung aussähe, noch, dass sie ihr Klo mit einem Lebensmittel - nämlich Trinkwasser - spülen", sagte er.
 
 
Von Regina Körner

Quelle:
Umwelt | Ressourcen, 25.11.2011

     
        
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