Wie Unternehmen ihre Umweltkosten erfassen
Darf's ein bisschen weniger sein?
Biodiversität und Ökosystemleistungen, wie frische Luft oder sauberes Süßwasser, gelten meist als öffentliche Güter. Ihre Nutzung oder ihre Zerstörung kosten die Unternehmen nichts. Daher geht ihr Verbrauch auch nicht in die Unternehmensbilanzen ein oder taucht in betrieblichen Gewinn- und
Verlustrechnungen auf. Doch Pioniere gehen längst eigene Wege.
Im Mai 2011 gab das Sport- und Modeunternehmen PUMA bekannt, dass es seine ökologische Gewinn- und Verlustrechnung vorstellen wird. Das war ein Paukenschlag, da es bisher kaum Bestrebungen gab, die Umwelteinwirkungen oder den Besitz an natürlichem Kapital monetär zu bewerten. Seit 2011 ist also Bewegung in die Unternehmenswelt gekommen. Auch der World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) veröffentlichte den Guide to Corporate Ecosystem Valuation, eine Anleitung, wie Unternehmen Ökosystemleistungen bewerten können.
PUMA hat aufgezeigt, was Umweltverbrauch kostet
Bisher sind nur wenige Unternehmen dem Beispiel von PUMA gefolgt. Dennoch sind es vor allem diese zwei Beweggründe, die Unternehmen veranlassen, Ökosystemdienstleistungen zu erheben:
Sie können ihnen bei Entscheidungsfindungsprozessen helfen. So stellt das Baustoffunternehmen Holcim auf Basis des WBCSD-Guides eine ökologische Kosten-Nutzen Rechnung für die Ausweitung und spätere Renaturierung einer Abbaustätte auf. AkzoNobel vergleicht mit Hilfe der monetären Bewertung, wie sich unterschiedliche Produktionstechniken auf die Umwelt auswirken.
Eine monetäre Bewertung von Ökosystemdienstleistungen kann zudem die gesamte ökologische Performance eines Unternehmens abbilden. Wie nachhaltig Unternehmen tatsächlich wirtschaften, kann nun mit konkreten Zahlen belegt werden, die den Vergleich mit Wettbewerbern ermöglichen.
In seiner ökologischen Gewinn- und Verlustrechnung betrachtete PUMA seine fünf wichtigsten Umweltindikatoren: Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch, Landverbrauch, Luftverschmutzung und Abfallproduktion - und das entlang der gesamten Produktionskette, einschließlich der Herstellung der Rohmaterialien Baumwolle und Leder. Demnach belaufen sich die Umweltkosten von PUMA auf 145 Millionen Euro - das sind immerhin etwa 72 Prozent des Unternehmensgewinns von 2010. Etwa 30 Prozent der externen Kosten entfallen dabei auf Treibhausgasemissionen, sowie Wasser- und Landverbrauch. Den größten Teil der Umweltkosten verursacht die Rohstoffproduktion. Die Zahlen zeigen auch, welche Konsequenzen Produktionsverlagerungen haben: 66 Prozent der externen Umweltkosten von PUMA fallen in Asien an. Insgesamt sind die Zahlen, die PUMA vorgelegt hat, aber mit Vorsicht zu genießen, da es erste Berechnungen sind, die in Zukunft weiter verbessert werden müssen.
Ökosystemdienstleistungen zu erheben ist wichtig, aber schwer
Ob es nun um die ökologische Unternehmensperformance oder um eine konkrete Entscheidungssituation geht: Es gibt noch viel zu tun, bis Biodiversität und Ökosystemleistungen genau bewertet und das Potenzial, das darin steckt, entfalten werden kann.
Die Probleme beginnen schon beim Erfassen biophysikalischer Prozesse und ökologischer Einheiten. Auch ist es schwierig nachzuzeichnen, wer oder was eine Umwelteinwirkung wie beispielsweise den Verbrauch von Süßwasser verursacht. Schließlich sind umweltökonomische Bewertungsinstrumente mit Unzulänglichkeiten behaftet, da sie höchst subjektiv sind und nur einen kleinen Ausschnitt des tatsächlichen Verbrauchs sichtbar machen.
Monetarisierungsverfahren stehen außerdem vor ethischen Herausforderungen. Gelten Bewertungsergebnisse als "Wert der Natur", kann man daraus fälschlicherweise ableiten, jegliche Schäden seien durch Geldzahlungen ausgleichbar. Dennoch hat die ökonomische Bewertung von Biodiversität und Umwelteinwirkungen viel Potenzial. Sie hilft schon jetzt, Unternehmen für deren Umwelteinwirkungen zu sensibilisieren und trägt dazu bei, dass sie Ökosystemleistungen nicht mehr als kostenloses Gut ansehen.
Gesunde Böden stellen die Basis für die landwirtschaftliche Produktion dar. Wie viel ist das wert? |
Im Mai 2011 gab das Sport- und Modeunternehmen PUMA bekannt, dass es seine ökologische Gewinn- und Verlustrechnung vorstellen wird. Das war ein Paukenschlag, da es bisher kaum Bestrebungen gab, die Umwelteinwirkungen oder den Besitz an natürlichem Kapital monetär zu bewerten. Seit 2011 ist also Bewegung in die Unternehmenswelt gekommen. Auch der World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) veröffentlichte den Guide to Corporate Ecosystem Valuation, eine Anleitung, wie Unternehmen Ökosystemleistungen bewerten können.
PUMA hat aufgezeigt, was Umweltverbrauch kostet
Bisher sind nur wenige Unternehmen dem Beispiel von PUMA gefolgt. Dennoch sind es vor allem diese zwei Beweggründe, die Unternehmen veranlassen, Ökosystemdienstleistungen zu erheben:
Sie können ihnen bei Entscheidungsfindungsprozessen helfen. So stellt das Baustoffunternehmen Holcim auf Basis des WBCSD-Guides eine ökologische Kosten-Nutzen Rechnung für die Ausweitung und spätere Renaturierung einer Abbaustätte auf. AkzoNobel vergleicht mit Hilfe der monetären Bewertung, wie sich unterschiedliche Produktionstechniken auf die Umwelt auswirken.
Eine monetäre Bewertung von Ökosystemdienstleistungen kann zudem die gesamte ökologische Performance eines Unternehmens abbilden. Wie nachhaltig Unternehmen tatsächlich wirtschaften, kann nun mit konkreten Zahlen belegt werden, die den Vergleich mit Wettbewerbern ermöglichen.
In seiner ökologischen Gewinn- und Verlustrechnung betrachtete PUMA seine fünf wichtigsten Umweltindikatoren: Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch, Landverbrauch, Luftverschmutzung und Abfallproduktion - und das entlang der gesamten Produktionskette, einschließlich der Herstellung der Rohmaterialien Baumwolle und Leder. Demnach belaufen sich die Umweltkosten von PUMA auf 145 Millionen Euro - das sind immerhin etwa 72 Prozent des Unternehmensgewinns von 2010. Etwa 30 Prozent der externen Kosten entfallen dabei auf Treibhausgasemissionen, sowie Wasser- und Landverbrauch. Den größten Teil der Umweltkosten verursacht die Rohstoffproduktion. Die Zahlen zeigen auch, welche Konsequenzen Produktionsverlagerungen haben: 66 Prozent der externen Umweltkosten von PUMA fallen in Asien an. Insgesamt sind die Zahlen, die PUMA vorgelegt hat, aber mit Vorsicht zu genießen, da es erste Berechnungen sind, die in Zukunft weiter verbessert werden müssen.
Ökosystemdienstleistungen zu erheben ist wichtig, aber schwer
Ob es nun um die ökologische Unternehmensperformance oder um eine konkrete Entscheidungssituation geht: Es gibt noch viel zu tun, bis Biodiversität und Ökosystemleistungen genau bewertet und das Potenzial, das darin steckt, entfalten werden kann.
Die Probleme beginnen schon beim Erfassen biophysikalischer Prozesse und ökologischer Einheiten. Auch ist es schwierig nachzuzeichnen, wer oder was eine Umwelteinwirkung wie beispielsweise den Verbrauch von Süßwasser verursacht. Schließlich sind umweltökonomische Bewertungsinstrumente mit Unzulänglichkeiten behaftet, da sie höchst subjektiv sind und nur einen kleinen Ausschnitt des tatsächlichen Verbrauchs sichtbar machen.
Monetarisierungsverfahren stehen außerdem vor ethischen Herausforderungen. Gelten Bewertungsergebnisse als "Wert der Natur", kann man daraus fälschlicherweise ableiten, jegliche Schäden seien durch Geldzahlungen ausgleichbar. Dennoch hat die ökonomische Bewertung von Biodiversität und Umwelteinwirkungen viel Potenzial. Sie hilft schon jetzt, Unternehmen für deren Umwelteinwirkungen zu sensibilisieren und trägt dazu bei, dass sie Ökosystemleistungen nicht mehr als kostenloses Gut ansehen.
Lebensgrundlage für Mensch, Tier und Pflanze: Nicht jeder Eingriff in die Natur kann und darf mit Geld aufgewogen werden. |
Unternehmen brauchen Anreize und einheitliche Verfahren
Doch was stellen Unternehmen letztlich mit den Ergebnissen an? Werden Strategien ergriffen, um die Umweltschäden zu minimieren? Was wäre, wenn ein Unternehmen so weit ginge, die Kosten auf die Produkte aufzuschlagen? Wären die Konsumenten bereit, mehr zu zahlen?
PUMA jedenfalls zieht erste Lehren. Jochen Zeitz, Vorsitzender des Verwaltungsrats des Sportartikelherstellers, sagte auf dem Rio+20 Gipfel, dass man aufgrund der durch die Ökobilanzierung gewonnenen Erkenntnisse nach einer Alternative zu Leder suche. "Wir müssen alternative Wege finden, Rohstoffe zu produzieren, ohne die Natur zu bitten, das für uns zu erledigen".
Klar ist: Die Politik muss Anreize schaffen, um mehr Unternehmen für die Ökobilanz zu gewinnen. Bisher hat die EU in ihren "Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa" aufgenommen, dass "neue politische Strategien dazu beitragen [sollten], die Preise von Ressourcen wie Wasser, saubere Luft, [.] und Meeresressourcen, deren Wert auf dem Markt nicht [.] berücksichtigt wird, anzupassen."
Was muss passieren? Ein erster wichtiger Schritt ist, einheitliche Vorgaben für monetäre Bewertungsverfahren auszuarbeiten und nach Wegen zu suchen, wie Naturkapital in unternehmerische Bilanzen einbezogen werden kann. Politik und Unternehmen sollten dabei an einem Strang ziehen.
Doch was stellen Unternehmen letztlich mit den Ergebnissen an? Werden Strategien ergriffen, um die Umweltschäden zu minimieren? Was wäre, wenn ein Unternehmen so weit ginge, die Kosten auf die Produkte aufzuschlagen? Wären die Konsumenten bereit, mehr zu zahlen?
PUMA jedenfalls zieht erste Lehren. Jochen Zeitz, Vorsitzender des Verwaltungsrats des Sportartikelherstellers, sagte auf dem Rio+20 Gipfel, dass man aufgrund der durch die Ökobilanzierung gewonnenen Erkenntnisse nach einer Alternative zu Leder suche. "Wir müssen alternative Wege finden, Rohstoffe zu produzieren, ohne die Natur zu bitten, das für uns zu erledigen".
Klar ist: Die Politik muss Anreize schaffen, um mehr Unternehmen für die Ökobilanz zu gewinnen. Bisher hat die EU in ihren "Fahrplan für ein ressourcenschonendes Europa" aufgenommen, dass "neue politische Strategien dazu beitragen [sollten], die Preise von Ressourcen wie Wasser, saubere Luft, [.] und Meeresressourcen, deren Wert auf dem Markt nicht [.] berücksichtigt wird, anzupassen."
Was muss passieren? Ein erster wichtiger Schritt ist, einheitliche Vorgaben für monetäre Bewertungsverfahren auszuarbeiten und nach Wegen zu suchen, wie Naturkapital in unternehmerische Bilanzen einbezogen werden kann. Politik und Unternehmen sollten dabei an einem Strang ziehen.
Im Profil
Tobias Hartmann ist Projektmanager beim Global Nature Fund. Der diplomierte Volkswirt trägt selbst keine PUMA Schuhe, doch sobald das Unternehmen auch die durch die Schuhe verursachten Umweltkosten trägt, wird er seine Kaufentscheidung nochmal überdenken.
Tobias Hartmann ist Projektmanager beim Global Nature Fund. Der diplomierte Volkswirt trägt selbst keine PUMA Schuhe, doch sobald das Unternehmen auch die durch die Schuhe verursachten Umweltkosten trägt, wird er seine Kaufentscheidung nochmal überdenken.
Quelle:
Umwelt | Biodiversität, 10.10.2012
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