Nachhaltig glücklich?
Was Lebenskunst mit Nachhaltigkeit zu tun hat
Von Prof. Wilhelm Schmid (Berlin)
Im folgenden dokumentieren wir den Anfang des Aufsatzes Nachhaltig Glücklich - den gesamten Text können Sie als PDF-Datei (211kb) downloaden.
Link: Download
Es gibt ein Unbehagen von Menschen in moderner Zeit: Diese Zeit erscheint ihnen zu kurzatmig. Der Moment steht zu sehr im Vordergrund, als könnte es keine anderen Zeiten mehr geben. Viele Menschen ahnen, dass das langfristig nicht gut gehen kann. Das Leben müsste "nachhaltiger" sein, in vielerlei Hinsicht. Merkwürdigerweise erreicht jedoch die Diskussion über Nachhaltigkeit, die seit Jahren und Jahrzehnten geführt wird, viele nicht. Intellektuelle vergessen oft, dass zur Teilhabe in einer Demokratie auch der Diskurs gehört, und dass es undemokratisch ist, wenn ihn nur ein paar Spezialisten verstehen können. Das ist jedenfalls die große Schwäche der Rede von "Nachhaltigkeit": Viele Menschen fühlen sich davon nicht berührt. Es ist kein Wort, das sie gefühlsmäßig etwas angeht, keines, das ihnen auf Anhieb etwas sagt. Es scheint so, als hätte das mit ihrem konkreten Leben als Individuen nichts zu tun. Warum Nachhaltigkeit? Lebt es sich nicht besser ohne sie?
Und die Philosophie: Kann sie daran etwas ändern? Hat sie überhaupt etwas beizutragen zu solchen Fragestellungen des Lebens? Keine Frage, dass die Philosophie selbst Hausaufgaben zu machen hat: Nicht nur eigenes Spezialistentum zu pflegen, sondern Hilfestellung zu einer bewussten Lebensführung zu bieten. Hilfreich ist beispielsweise, wie einst Sokrates die "Was ist"-Frage zu stellen, griechisch ti éstin, ti pot'éstin: Was ist das, was ist das eigentlich? Was liegt zugrunde, was steckt dahinter, wozu dient etwas, in welchen Zusammenhängen ist es zu sehen, welche Bedeutung haben die Worte, die wir gebrauchen? Was ist Leben, was ist diese Zeit, was ist Leben in dieser Zeit, was könnte es noch sein? Was ist richtig, was ist wichtig, was ist Glück, was ist Sinn? Von der Frage nach Sinn sind alle diese Fragen durchdrungen, und es gehört zu den Aufgaben der Philosophie, diese Fragen ernst zu nehmen: Entscheidend sind die Fragestellungen, nicht etwa definitive Antworten; schon die sokratischen Dialoge enden aus guten Gründen offen und stoßen dennoch wertvolle Klärungsprozesse an. Mit den Fragen lassen sich Gegebenheiten analysieren, Ideen auf ihren Sinn hin prüfen und Spielräume des Denkens und Lebens gewinnen, nach denen die moderne Philosophie lange, allzu lange nicht mehr fragte. Mit der Frage nach Sinn und der Suche nach Antworten, nach Zusammenhängen, auch solchen weit über den Tag hinaus, also Zusammenhängen der Nachhaltigkeit, wird Philosophie zur Lebenshilfe.
...
Wilhelm Schmid, freier Philosoph, geb. 1953, lebt in Berlin und lehrt Philosophie als außerplanmäßiger Professor an der Universität Erfurt und als Gastdozent an der Staatlichen Universität Tiflis (Georgien). Regelmäßige Tätigkeit als "philosophischer Seelsorger" am Spital Affoltern am Albis bei Zürich.
Homepage: www.lebenskunstphilosophie.de
Im folgenden dokumentieren wir den Anfang des Aufsatzes Nachhaltig Glücklich - den gesamten Text können Sie als PDF-Datei (211kb) downloaden.
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Es gibt ein Unbehagen von Menschen in moderner Zeit: Diese Zeit erscheint ihnen zu kurzatmig. Der Moment steht zu sehr im Vordergrund, als könnte es keine anderen Zeiten mehr geben. Viele Menschen ahnen, dass das langfristig nicht gut gehen kann. Das Leben müsste "nachhaltiger" sein, in vielerlei Hinsicht. Merkwürdigerweise erreicht jedoch die Diskussion über Nachhaltigkeit, die seit Jahren und Jahrzehnten geführt wird, viele nicht. Intellektuelle vergessen oft, dass zur Teilhabe in einer Demokratie auch der Diskurs gehört, und dass es undemokratisch ist, wenn ihn nur ein paar Spezialisten verstehen können. Das ist jedenfalls die große Schwäche der Rede von "Nachhaltigkeit": Viele Menschen fühlen sich davon nicht berührt. Es ist kein Wort, das sie gefühlsmäßig etwas angeht, keines, das ihnen auf Anhieb etwas sagt. Es scheint so, als hätte das mit ihrem konkreten Leben als Individuen nichts zu tun. Warum Nachhaltigkeit? Lebt es sich nicht besser ohne sie?
Und die Philosophie: Kann sie daran etwas ändern? Hat sie überhaupt etwas beizutragen zu solchen Fragestellungen des Lebens? Keine Frage, dass die Philosophie selbst Hausaufgaben zu machen hat: Nicht nur eigenes Spezialistentum zu pflegen, sondern Hilfestellung zu einer bewussten Lebensführung zu bieten. Hilfreich ist beispielsweise, wie einst Sokrates die "Was ist"-Frage zu stellen, griechisch ti éstin, ti pot'éstin: Was ist das, was ist das eigentlich? Was liegt zugrunde, was steckt dahinter, wozu dient etwas, in welchen Zusammenhängen ist es zu sehen, welche Bedeutung haben die Worte, die wir gebrauchen? Was ist Leben, was ist diese Zeit, was ist Leben in dieser Zeit, was könnte es noch sein? Was ist richtig, was ist wichtig, was ist Glück, was ist Sinn? Von der Frage nach Sinn sind alle diese Fragen durchdrungen, und es gehört zu den Aufgaben der Philosophie, diese Fragen ernst zu nehmen: Entscheidend sind die Fragestellungen, nicht etwa definitive Antworten; schon die sokratischen Dialoge enden aus guten Gründen offen und stoßen dennoch wertvolle Klärungsprozesse an. Mit den Fragen lassen sich Gegebenheiten analysieren, Ideen auf ihren Sinn hin prüfen und Spielräume des Denkens und Lebens gewinnen, nach denen die moderne Philosophie lange, allzu lange nicht mehr fragte. Mit der Frage nach Sinn und der Suche nach Antworten, nach Zusammenhängen, auch solchen weit über den Tag hinaus, also Zusammenhängen der Nachhaltigkeit, wird Philosophie zur Lebenshilfe.
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Wilhelm Schmid, freier Philosoph, geb. 1953, lebt in Berlin und lehrt Philosophie als außerplanmäßiger Professor an der Universität Erfurt und als Gastdozent an der Staatlichen Universität Tiflis (Georgien). Regelmäßige Tätigkeit als "philosophischer Seelsorger" am Spital Affoltern am Albis bei Zürich.
Homepage: www.lebenskunstphilosophie.de
Quelle:
Lifestyle | LOHAS & Ethischer Konsum, 01.11.2006
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