Kann IT krank machen?
Strahlung, Lärm, Schadstoffe – das Technikmagazin CHIP hat gecheckt, welche Grenzwerte der Gesetzgeber vorsieht und ob aktuelle Geräte sie einhalten
Bei vermeintlichen
Gesundheitsrisiken durch IT denkt man meist zuvorderst an Strahlung. Wie sie
sich langfristig auf den menschlichen Körper auswirkt, ist nach wie vor nicht
bekannt. An der Frage wird zwar geforscht, laut Bundesamt für Strahlenschutz
(BfS) gibt es aber immer noch keine belastbaren Studien, die eine Gefährdung
durch Funktechniken belegen. Aber: Auch für eine Unbedenklichkeit gibt es keine
Beweise. Dieses Vakuum an
Wissen füllt der Gesetzgeber mit Grenzwerten für die Sendeleistung von
Funkverbindungen – in der Hoffnung, dass die gewählten Werte tatsächlich
ausreichenden Schutz bieten. Wir wissen lediglich, dass hochfrequente
Strahlung wie WLAN, Bluetooth oder Mobilfunk vom Körper absorbiert und in Wärme
umgewandelt wird.
Beschrieben wird
das durch die Spezifische Absorptionsrate, kurz SAR – das ist die
Strahlungsleistung, die vom Körpergewebe aufgenommen wird. Die Grenzwerte
liegen derzeit bei 0,08 Watt pro Kilogramm Körpergewicht oder 2 Watt pro
Kilogramm für einen Teilbereich des Körpers, wie etwa den Kopf. In der Regel
beziehen sich Angaben elektronischer Geräte mit Funkschnittstellen, wie etwa
Smartphones, auf den letzteren Grenzwert. Die Messung erfolgt dabei unter
Vorgabe einer europäischen Norm, damit die Ergebnisse vergleichbar sind.
Ein großes
Problem ist der starke Anstieg von Funkverbindungen in der modernen digitalen
Gesellschaft. Kabelverbindungen werden durch komfortablere WLAN- oder
Bluetooth-Module ausgetauscht. Notebooks, Tablets, Internetradios,
Blu-ray-Player, Headsets oder Spielekonsolen - kaum ein elektronisches Gadget
kommt heute ohne eine Funkanbindung aus. Die Gefahr dabei: Alle diese Geräte
funken mit gewissen SAR-Werten, die sich aufsummieren. So erhöht sich etwa auch
der SAR-Wert eines Smartphones, wenn WLAN und Bluetooth ebenfalls aktiviert
sind.
Nicht nur
Strahlung belastet uns im Alltag, auch Lärm und Schadstoffe begleiten uns
selbst am Büroarbeitsplatz. Einer der größten Streitpunkte der letzten Jahre
ist die Frage nach der Belastung durch Druckertoner. Eine klare Antwort gibt es
auch hierauf noch nicht. Studien belegen zwar, dass Laserdrucker Schadstoffe
und Feinstaub emittieren, die beim Einatmen gesundheitliche Schäden auslösen
können. Ob die aber vom Toner oder anderen Bestandteilen kommen, war zumindest
den Forschern des Bundesinstituts für Risikobewertung in ihrer
Abschlussstudie von 2008 nicht ganz klar. Auch der Gesetzgeber wirkt beim Thema
Feinstaub unent- schlossen: Während die Feinstaubemission im Straßenverkehr
stark reglementiert ist, gibt es für die Konzentrationen in Innenräumen noch
keinen Grenzwert.
Von Robert Marcoberadino
Strahlung im Raum
WLAN und
Bluetooth ähneln sich in puncto Sendefrequenz, unterscheiden sich aber stark
bei der Sendeleistung. Beide Techniken senden im Hochfrequenzbereich mit 2,4
GHz, eine WLAN-Verbindung funkt aber je nach eingesetztem Standard auch auf
höheren Frequenzbereichen (siehe Tabellen unten).
GRENZWERTE: Bei
Bluetooth sind die Grenzwerte je nach Geräteklasse, sprich Reichweite
unterschiedlich. In der Praxis kommen jedoch in der Regel nur Geräte der
Klassen 3 und 2 zum Einsatz, etwa Headsets und Funktastaturen. Klasse-1-Geräte
müssen zudem die Sendeleistung an den aktuellen Bedarf anpassen. Überhaupt
hängt die abgegebene Strahlung stets von Betriebszustand und übermittelter
Datenmenge ab. Bei WLAN liegen die Richtwerte für die maximale Sendeleistung
deutlich höher. Hier gibt es jedoch weitere Beschränkungen: So dürfen Sendefrequenzen über 5,25 GHz nur mit automatischer Leistungsregelung genutzt werden, ansonsten gelten die
halben Höchstwerte.
RISIKEN: Bei
Einhaltung der Grenzwerte sind nach derzeitigem Kenntnissstand keine
gesundheitlichen Risiken zu erwarten. Die SAR-Werte typischer Bluetooth- und
WLAN-Geräte bleiben mit rund 0,1 bis 0,2 W/kg weit unter dem empfohlenen
Höchstwert von 2 W/kg. Bei körpernahem Einsatz kann sich dieser Wert allerdings stark erhöhen. Bluetooth-Sender der Klassen 2 und 3
halten die SAR-Höchstwerte aufgrund der niedrigen Sendeleistung immer ein.
TIPPS: Beachten
Sie bei WLAN und Bluetooth Klasse 1 die für die Geräte angegebenen
Mindestabstände zu Personen – leider machen jedoch nicht alle Hersteller diese
Angaben. Es empfiehlt sich außerdem, vorhandene Reichweitenbegrenzungen zu
aktivieren, um die maximale Strahlungsleistung zu reduzieren. Wenn möglich,
sollten Sie Kabel- statt Funkverbindungen verwenden und WLAN-Router nicht an
Orten aufstellen, wo sich ständig Personen aufhalten – also auch nicht direkt
an Ihrem Arbeitsplatz.
WLAN
Im Frequenzbereich über 5 GHz können ungeregelte Router auf recht hohe Sendeleistungen bis 1.000 mW kommen.
Frequenzbereich in Gigahertz |
Grenzwerte in Miliwatt |
2,4 GHz (ISM-Band) |
100 mW |
5,15 bis 5,35 GHz |
200 mW |
5,470 bis 5,725 GHz |
1.000 mW |
Bluetooth-Sender nutzen Frequenzen zwischen 2,40 und 2,48 GHz und strahlen schwächer als WLAN-Geräte.
Geräteklasse
(Reichweite) |
Grenzwerte in Milliwatt |
Klasse 3 (ca. 10 m) |
1,0 mW |
Klasse 2 (ca. 30 m) |
2,5 mW |
Klasse 1 (ca. 100 m) |
100 mW |
Strahlung am Ohr
Sprache und Daten
werden beim Mobilfunk über den Hochfrequenzbereich gesendet. Die Wirkung auf
den menschlichen Körper ist mit der von WLAN zu vergleichen
GRENZWERTE: Es
gelten dieselben Grenzwerte wie bei WLAN- oder Bluetooth-Sendern: Smartphones
dürfen also bei Verwendung am Kopf mit nicht mehr als 2 W/kg auf den Körper
einstrahlen.
RISIKEN: In der
Praxis erreicht quasi kein Smartphone den Grenzwert. Das iPhone 5 produziert
zum Beispiel einen SAR-Wert von 0,8 W/kg. Starke Strahler wie das Nokia Lumia
900 kommen auf rund 1,5 W/kg. Allerdings hängt die Sendeleistung sehr vom
Mobilnetz ab. Bei schwacher Verbindung steigt die Leistung.
TIPPS: Geräte mit
niedrigem SAR-Wert kaufen. Verbindungsaufbau abwarten. Wenn möglich, Headsets verwenden und auf
Telefonate im Auto verzichten (höhere Leistung wegen Dämpfung durch
Karosserie). WLAN und Bluetooth bei Nichtnutzung abschalten.
Gepulste
Strahlung
DECT-Telefone
zählen zu den stärksten Strahlenquellen in Gebäuden. Ihr Frequenzbereich liegt
zwischen 1,8 und 1,9 GHz, zusätzlich ist das Sendesignal
mit 100 Hz gepulst, damit mehrere Telefone im Zeitschlitzverfahren auf die
Basisstation zugreifen können.
GRENZWERTE: Die
Bundesnetzagentur erlaubt für die Basisstaion 250 Milliwatt bei Reichweiten bis
300 m (im Freien) und 50 m (in Innenräumen). Das ergibt pro Telefon die
Sendeleistung 10 Milliwatt
RISIKEN: Ältere
Basisstationen ohne Sendeleistungsregelung funken während des Telefonats immer
mit Maximalleistung. Die Telefone selbst gelten mit typischen SAR-Werten um die
0,1 W/kg als risikolos. Auch eine besondere Gefährdung durch gepulste Signale
konnte bisher wissenschaftlich nicht belegt werden.
TIPPS:Strahlungsarme Modelle einsetzen (Sendeleistungsregelung, Ruhezustand ohne
Kontrollsignal). Die Basisstation an wenig frequentierten Orten aufstellen.
Freisprecheinrichtungen verwenden.
Lärm
Die Belastung
durch Lärm am Computer-Arbeitsplatz wird vom Gesetzgeber kaum geregelt. Die
„Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung" gibt zwar einen Grenzwert vor,
dieser richtet sich aber vornehmlich an industrielle und handwerkliche
Arbeitsplätze.
GRENZWERTE: Laut
Verordnung muss ab einem Geräuschpegel von 85 dB über einen Zeitraum von 8
Stunden oder bei einem Peak-Pegel von 135 dB ein Gehörschutz getragen werden.
Zum Vergleich: Ein Gewehrschuss erreicht etwa 140 dB, der Lärm einer
Hauptverkehrsstraße rund 80 dB.
RISIKEN: Am
Computer-Arbeitsplatz können vor allem laute Drucker und Kopierer Lärmpegel von
bis zu 80 dB (rund 15 Sone) erreichen
TIPPS: In nahezu
jeder Druckerkategorie gibt es Modelle, die im Betrieb unter einem Pegel von 65
dB bleiben. Am besten ist es jedoch, Drucker grundsätzlich abseits vom
Sitzplatz auf dem Flur oder in einem eigenen Raum zu betreiben.
Schadstoffe
Das
Bundesinstitut für Risikobewertung kam in einer Studie (2008) zu dem Schluss,
dass es beim Betrieb von Laserdruckern zum Austritt von Staubpartikeln sowie
einer Vielzahl von leicht-, mittel- und schwer- flüchtigen Verbindungen kommt.
GRENZWERTE: Für
die Emissionen von Staubpartikeln (Nanopartikeln) in Innenräumen gibt es nach
wie vor keine geregelten Grenzwerte
RISIKEN: Laut der
Studie können gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die Emission aus
Büromaschinen nicht ausgeschlossen werden. Das Risiko schätzt das Institut aber
als gering ein.
TIPPS: Experten
raten, Laserdrucker mit den Prüfzeichen „Blauer Engel" oder „DGUV-Test" zu
verwenden. Der Aufstellort sollte abseits vom Arbeitsplatz liegen und regelmäßig gelüftet werden. Erhöhte
Vorsicht gilt beim Wechsel der Toner-Kartusche: Ausgetretenen Toner nur mit
einem feuchten Tuch aufwischen und bei Berührung mit der Haut mit Seife und
kaltem Wasser abspülen.
Technik | Green IT, 01.01.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2015 - Grünes Reisen im Trend erschienen.
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