Bringt 2015 die Entscheidung?

Stellen wir uns die richtigen Fragen über unsere Zukunft?

Aus der Perspektive des T(h)urmblicks ist das eine Grundvoraussetzung für zukunftsfähiges Wirtschaften und eine Sinnstiftung der Berichterstattung!
 
©freshidea, Fotolia.com 2015 ist ein wichtiges Jahr für die Nachhaltigkeit; es ist das vermeintliche Jahr der Wahrheit, Zeit für eine neue ‚Magna Charta’. Wichtige internationale Konferenzen werden bis zum Jahresende in New York und Paris stattfinden. Dann werden wir wissen, ob man auf uns Menschen zählen kann und ob wir in der Lage sind, globale Vereinbarungen mit Bestand zu schließen. So viele Chancen wurden schon verpasst; aus fünf vor zwölf ist eigentlich schon fünf nach zwölf geworden. Die Uhr jetzt auf zwölf zurück zu drehen verlangt erhebliche Fingerfertigkeit und Kraftanstrengungen. Doch die Suche nach Konsens darf nicht zu unzureichenden Vereinbarungen führen. Wozu Konsens nämlich führt zeigt die gegenwärtige Nachhaltigkeitsberichterstattung.
 
Berichterstattung – wofür?
Ich bin mehr und mehr erstaunt, wie die partiellen Interessen und die organisierte Themenanhäufung in diesem jährlichen Ritual der Ermittlung von Berichtsinhalten den Blick genau auf die Fragen verstellt, die es eigentlich zu beantworten gilt. Das betrifft die Berichterstatter übrigens genauso wie die Berichtsempfänger. Doch welchen Sinn wollte Berichterstattung eigentlich haben? „Die Herstellung von Nachhaltigkeit bzw. einer nachhaltigen Ökonomie", so sagen es zumindest die Mission Statements der Standardsetzer, allen voran die der Global Reporting Initiative (GRI). Doch tun diese das auch?
 
Echte Nachhaltigkeit – wodurch?
Wenn Sie und Ihre Firma es wirklich ernst meinen hinsichtlich Ihres konkreten Beitrags zu einer nachhaltigen Ökonomie müssen Sie sich folgenden Fragen stellen: 
  • Folgt das Unternehmen dem Konzept einer ‚Green & Inclusive Economy’ und arbeitet es konkret an der Umsetzung?
  • Gibt es bei Ihnen Überlegungen für die Umgestaltung unseres Wirtschaftssystems und für die Schaffung fairer Marktbedingungen in der Branche (Level Playing Fields)?
  • Wie definiert Ihr Unternehmen Wachstum, und welche Komponenten beinhaltet Wachstum für Sie? Nehmen Sie dabei Rücksicht auf Ressourcenknappheit und die Tatsache, dass wir zum Zeitpunkt Ihrer Langfristzielerfüllung circa 2,5 Milliarden Menschen mehr sein werden?
  • Welche Konsequenzen müssen Sie für Ihr Geschäft heute und morgen bezüglich dieser sich abzeichnenden globalen Rahmenbedingungen ziehen, damit Ihre Annahmen zum Wachstum bei unstetem Entwicklungsverlauf beherrschbar bleiben?
  • Was sind die Ausgangsannahmen Ihrer Wesentlichkeitsanalyse? Arbeiten Sie mit Szenarien, Ursache/Wirkungs-Analysen, sog. ‚Science-Based Goals’? Setzen Sie dabei Ihre Leistung in Beziehung zu globalen, regionalen oder lokalen Umfeld-Daten und stehen die Ergebnisse im Einklang oder in Diskrepanz mit Ihrer ‚License to Operate’ und ,License to Grow’?
  • Wie verhält sich Ihr Unternehmen in Bezug auf Wertschaffung und Wertschöpfung? Unterscheiden Sie explizit zwischen Wertschöpfung im Sinne der Mehrung von Finanzkapital und Wertschaffung als eine ausgewogene Betrachtung aller Kapitalien im Wertschöpfungsprozess? Kurzum: wird Wert geschöpft auf dem Rücken anderer Kapitalien?
  • Beschäftigen Sie sich mit den Denkmodellen der zirkulären Ökonomie, der ‚Sharing’-Ökonomie, sowie Konzepten wie Dematerialisierung, Regeneration und Subsistenz? Haben Sie überprüft, ob diese neuen Geschäfts- und Ökonomiemodelle für die derzeitige und zukünftige Ausrichtung Ihres Unternehmens relevant sind? Wie positionieren Sie sich hierzu? Wie bereiten Sie sich vor?
  • Inwiefern kalkulieren Sie die externen Effekte Ihres Tuns in die Kostenrechnung mit ein? Gab es bereits Entscheidungen, die durch diese Informationen beeinflusst wurden, oder preisen Sie Externalitäten bereits in Ihre Produkt- und Serviceangebote ein?
  • Wie kommunizieren Sie mit Ihren Mitarbeitern zu all diesen Themen? Wie ist Ihr Management eingebunden und wie setzt sich Ihr Topmanagement über den puren Unternehmenszweck für eine Anpassung des Denkens hin zu einer ‚Green & Inclusive Economy’ ein?
Mit dieser letzten Frage schließt sich für mich der Kreis zur ersten Frage. Hiermit schaffen Sie und Ihr Unternehmen erst den nötigen Nachhaltigkeitskontext, um eine Wesentlichkeitsanalyse nach GRI möglich zu machen. Schließlich wollen Sie doch wissen wie nachhaltig Ihr Unternehmen eigentlich ist und worauf es sich vorzubereiten hat. Der klassische ESG-Fortschrittsbericht (Environmental, Social, Governance), oft auch Nachhaltigkeitsbericht genannt, sowie die derzeitigen Rankings & Ratings beleuchten die Nachhaltigkeit des Unternehmens aus meiner Sicht leider nicht! Nur durch die intensive Beschäftigung mit obigen Fragen geben Sie Ihrem Unternehmen das Rüstzeug zu mehr ganzheitlichem Verständnis der Nachhaltigkeit, eine Innovationsrichtung und eine Möglichkeit zur Positionierung an Langfristzielsetzungen. Nur das sichert den Erfolg des Unternehmens nachhaltig.
Nach einem Sabatical kehrt der T(h)urmblick wieder zurück in das forum Nachhaltig Wirtschaften. Zusätzlich zum Essay im Heft gibt es eine monatliche Online-Kolumne, in der sich CSR-Profis austauschen können. Unser Autor Ralph Thurm freut sich auf die Meinungen der forum Leser und auf Diskussionen zu den aktuellen Themen unserer knappen Zeit.
 
Ralph Thurm
ist Gründer und Managing Director von A|HEAD|ahead. Für forum schreibt er regelmäßig die Kolumne „Der T(h)urmblick" und lädt ein zur Diskussion aktueller Themen. Schreiben Sie an: ralph.thurm@kpnmail.nl
 

Weitere Beiträge aus der Serie "Der T(h)urmblick":
  • Raus aus der Kuschelecke
    Was sind "wirklich nachhaltige" Innovationen?
  • Die Reise zum Nordstern
    Wie Firmen einen Bewusstseinswandel für mehr Nachhaltigkeit in der Unternehmenskultur anstoßen können.
  • reporting 3.0
    Warum die Zukunft der Nachhaltigkeitsberichterstattung auch über die Zukunftsfähigkeit unseres Wirtschaftsmodells entscheidet.
 

Rio +20 und die Green Economy

2012 trafen sich die Regierungschefs der meisten Länder dieser Welt zum zweiten Gipfel von Rio, der erste im Jahr 1992 legte die Grundlage zur Rio-Deklaration und des Agenda 21 Konzepts. Zwanzig Jahre später einigte man sich auf eine ‚Green & ­Inclusive Economy’ als ein Konzept, das einen wichtigen Baustein der Nachhaltigkeit darstellt. Als Gesamtkonzept vereint es Aspekte wie die ganzheitliche Messung von Erfolgsfaktoren und Berichterstattung, Finanzierungsinstrumente, Subventionsabbau, Besteuerung, sowie klassisch ethische Themen, so dass Ökonomie und Markt­mecha­nismus einen Rahmen bekommen, um in Richtung einer nachhalti­gen Entwicklung wirken zu können

Wirtschaft | Marketing & Kommunikation, 01.04.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2015 - Nachhaltige Mode erschienen.
     
        
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