Jetzt Boden gutmachen! Es ist höchste Zeit zu handeln!
Jede Entscheidung für Bio-Lebensmittel ist ein Beitrag zur Rettung unserer Böden.
Volkert Engelsman, Geschäftsführer Eosta und Initiator von „Save Our Soils – Rettet unsere Böden", im forum-Interview mit Fritz Lietsch.
Ohne gesunden Boden keine gesunden Nahrungsmittel. So einfach ist das. Und dennoch wurde der Bodenschutz lange Zeit vernachlässigt. Das soll sich jetzt ändern: Deshalb haben die Vereinten Nationen 2015 zum UN-Jahr des Bodens erklärt. Und zahlreiche Kampagnen von Regierungen, Umweltverbänden und Unternehmen widmen sich nun der gefährdeten Ressource Boden.
Der Boden hat ein Imageproblem. Denn obwohl er so wichtig ist, für Mensch, Tiere, Pflanzen und Klima, nehmen nur wenige seine Bedeutung und damit seine Gefährdung wahr. Das Problem: Die Folgen einer jahrzehntelangen Ausbeutung des Bodens sind nicht unbedingt mit bloßem Auge erkennbar, wie beispielsweise der Rückgang der Eisschichten. Dennoch sind sie ebenso schwerwiegend. Rodungen, Versiegelungen durch Beton, Überdüngung und der Anbau von Monokulturen in der konventionellen Landwirtschaft haben innerhalb kürzester Zeit fruchtbare Böden zerstört, die in Tausenden von Jahren entstanden sind. Schon jetzt wird Boden knapp. Der „Bodenatlas 2015", der u.a. vom Potsdamer IASS, BUND und der Heinrich-Böll-Stiftung Anfang des Jahres herausgegeben wurde, macht dies in zahlreichen Infotexten und -grafiken deutlich und warnt: Bereits ein Viertel der Böden weltweit ist degradiert und nicht mehr nutzbar. Höchste Zeit zu handeln!
„Jede Entscheidung für Bio-Lebensmittel ist ein Beitrag zur Rettung unserer Böden", so Volkert Engelsman, Geschäftsführer Eosta und eine der zahlreichen Kampagnen, die sich für den Schutz der fruchtbaren Böden einsetzt. Wir haben mit ihm über die Bedeutung von Böden gesprochen und ihn gefragt, wie der Verbraucher aktiv werden kann.
Herr Engelsman, Ziel Ihrer Kampagne „Save Our Soils" ist es, den Verbrauchern die Bedeutung von Böden näherzubringen. Warum sind gesunde Böden denn so wichtig?
Vielen Menschen ist eine wichtige Tatsache nicht bekannt: 99,7 Prozent unserer Lebensmittel haben ihren Ursprung im Boden. Ist die Fruchtbarkeit der Böden zerstört, ist als Konsequenz auch unmittelbar die Sicherstellung der Welternährung massiv gefährdet. Mindestens ein Viertel bis zu einem Drittel aller Organismen auf unserem Planeten leben im Boden – die Biodiversität des Bodens ist also die Grundlage unserer Nahrungskette. Wird sie zerstört, zerstören wir auch unsere Existenzgrundlage.
Unsere Böden haben aber auch noch eine weitere wichtige Aufgabe, denn sie binden Kohlenstoff. Zerstörte Böden können das aber nicht mehr und das hat katastrophale Folgen für unser Klima: Der Boden speichert mehr Kohlenstoff als die Atmosphäre und alle Pflanzen auf der Erde zusammen. Die Freisetzung von nur 0,1 Prozent des Kohlenstoffs, der in den Böden Europas gespeichert ist, ist gleichzusetzen mit dem jährlichen Ausstoß von 100 Millionen Autos.
Was genau bedroht die Fruchtbarkeit der Böden weltweit?
Die weltweite Bodenzerstörung ist die Folge eines Landbaus, der auf rasche Erträge bedacht ist. Vor allem die Methoden des konventionellen Landbaus gefährden unsere Böden massiv: Synthetische Kunstdünger, Herbizide und Fungizide bergen nicht nur gesundheitliche Risiken für die Landarbeiter, sie laugen auch die Böden aus und zerstören die so wichtige Biodiversität in den Böden.
Im Ergebnis können die Böden die Pflanzen nicht mehr selbstständig mit ausreichend Nährstoffen versorgen. Ein weiteres Problem ist, dass zerstörte Böden Wasser schlecht oder
gar nicht mehr speichern können. Das so wertvolle Wasser versickert oder verdunstet und die Gefahr für Erosion, Versandung, Erdrutschen, Dürren oder Fluten steigen dramatisch.
Aber auch durch die Versiegelung in den Städten geht fruchtbarer Boden verloren. Neue Untersuchungen gehen davon aus, dass sich die gegenwärtige Wachstumsrate verdoppeln wird und in 20 Jahren eine Bodenfläche in der Größe von Südafrika versiegelt sein wird.
Welche Auswirkungen hätte es, wenn wir einfach so weitermachen wie bisher?
Da müssen wir gar nicht im Konjunktiv sprechen, die Auswirkungen spüren wir bereits jetzt! In jeder Minute, in der wir hier miteinander sprechen, geht wertvoller Mutterboden in der Größe von 30 Fußballfeldern verloren, das belegen Untersuchungen der Vereinten Nationen. So wurden bereits rund ein Viertel der nutzbaren Flächen weltweit der Vernichtung preisgegeben. Erosion, Verlust der Artenvielfalt, Überflutungen und Klimawandel sind Folgen, vor denen wir die Augen nicht mehr verschließen können.
Wie kann die Fruchtbarkeit der Böden zurückgewonnen werden?
Die gute Nachricht ist: Es gibt einen Ausweg aus diesem Dilemma! Weltweit gibt es ca. 750 Millionen Hektar zerstörtes Ackerland, das wieder nutzbar gemacht werden kann. Eine der effektivsten Methoden ist dabei der ökologische Landbau. Man muss sich das so vorstellen: Für einen Bio-Bauern ist der Boden ein lebendiger Organismus, den er durch eine wechselnde Fruchtfolge und den Einsatz von Kompost mit Nährstoffen versorgt.
Langfristig ergeben sich daraus eine Menge Vorteile: die Fruchtbarkeit und Produktivität der Böden steigt, der Boden kann Wasser besser speichern, was weniger Erosion und somit einen besseren Schutz vor Flut und Dürre bedeutet, es besteht eine erhöhte Resistenz gegen Schädlinge und Krankheiten und eine verbesserte Kohlenstoffspeicherung. Aber vor allem kann ein gesunder Boden die Pflanzen mit allem versorgen, was sie zum Wachsen benötigen. Wenn der Boden gesund ist, sind es auch die Pflanzen sowie die Tiere, die diese Pflanzen essen und somit auch wir. Gesunde Böden sind unsere Existenzgrundlage.
Was können Verbraucher konkret tun, um zu verhindern, dass Böden weiter ausgelaugt werden?
Als Verbraucher hat man eine ungemeine Macht, denn wann immer man Geld für etwas ausgibt, ist das ein Votum für die Art von Welt, in der man leben möchte. Jede Entscheidung für Bio-Lebensmittel ist so ein Beitrag zur Rettung unserer Böden. Aber es ist auch wichtig, die Menschen in seiner Umgebung zu informieren und auch zu motivieren. Jeder kann beispielsweise als „Urban Gardener" aktiv werden, seine Mitmenschen für das Bodenproblem sensibilisieren und auch in der Stadt wieder an der Natur teilhaben.
Mehr über „Save Our Soils – Rettet unsere Böden"
Dass jeder Einzelne aktiv werden kann, zeigt die Kampagne „Save Our Soils – Rettet unsere Böden" von Natur & More. Neben der internationalen Konferenz „Celebrating Soil! Celebrating Life!" im Sommer, die verschiedene Experten zum Thema Boden zusammenbringt, hat Nature & More die Aktion „Werde BodenBotschafter!" ins Leben gerufen. Die prominenten Bodenpaten, Fernsehköchin Sarah Wiener und Umweltaktivistin Vanda Shiva, machen es vor: Sie setzen mit öffentlichen Guerilla Gardening-Aktionen ein aktives Zeichen für den Boden. Die Kampagne ruft jeden dazu auf, „Stadtbauer" oder „Guerilla Farmer" zu werden. Und nicht nur das: Nature & More plant weitere kreative Aktionen wie die Facebook-Aktion „I Like Organic".
Aktuelle Informationen zur Kampagne finden Sie unter: www.rettetunsereboeden.de
Quelle: Eosta
Umwelt | Wasser & Boden, 15.04.2015
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