BIOFACH 2025

Mrs Social und Mr Business - Liebe geht durch den Magen

Die Liebesgeschichte geht weiter

Dieses Mal stellen wir Ihnen im Rahmen der Serie Social Business Start-ups ein ganz außergewöhnliches Liebespaar vor.
 
Die Einnahmen aus Warenverkauf und Betreuung der Schülerfirmen dienen der Eigenfinanzierung des Social Business.Mr Business, ein tüchtiger Geschäftsmann, möchte sich ein Käsesemmel-Imperium aufbauen. Noch backt er kleine Brötchen. Deshalb unterstützt ihn Mrs Social tatkräftig und schult die jungen Mitarbeiter, damit sie beste Referenzen für ihre berufliche Zukunft erhalten. Gleichzeitig hilft das Paar dabei, dass in den Verkaufsstellen die Kassen klingeln und mit dem Gewinn das Freizeitangebot an Schulen erhöht werden kann. Werden die Verliebten das alles unter einen Hut bringen - ohne sich dabei in die Haare zu kriegen!?

Tim Breker, der Gründer des em-Schülernetzwerkes hat an der WHU-Otto Beisheim School of Management Betriebswirtschaftslehre studiert und anschließend zwei Jahre gearbeitet. Er dokumentiert die Anfänge in seinem Gründertagebuch.
  • 7. Januar 2011: Mit Kribbeln im Bauch rufe ich bei der Notarin an und gründe offiziell eine Mini-GmbH. Es kann losgehen!
  • 24. Januar 2011: Die erste Pilotschülerfirma BreakPoint an der Hauptschule Ahornweg in Bergisch Gladbach startet den Verkauf von belegten Brötchen, Puten-Ciabatta und Getränken. Laut Businessplan müssen noch elf weitere folgen, damit ich über den Produktverkauf an die Schülerfirmen genug einnehme, um davon leben zu können.
  • 22. Februar 2011: NUK-Businessplanwettbewerb Stufe 1 - Motivation pur! Auf der Veranstaltung des Vereins NUK (Neues Unternehmertum Rheinland e. V.), habe ich jede Menge nette Gründer getroffen und einen Förderpreis in Höhe von 250 Euro gewonnen. Davon konnte ich den Druck der ersten Flyer bezahlen!
  • 8. März 2011: Mein Geburtstagsgeschenk: Heute veröffentlicht www.förderland.de den ersten Pressebericht über em. Hoffentlich folgen weitere Artikel über mein Projekt.
  • 4. Mai 2011: Toll, auch in Stufe 2 des NUK-Wettbewerbs erfolgreich. 500 Euro fließen in die Kasse.
  • 6. Juni 2011: Die dritte em-Schülerfirma startet in Duisburg einen Pausenverkauf von Backwaren und Getränken.

Mit Kakao und Käsebrötchen Unternehmertum lernen
Das em-Schülerfirmennetzwerk (www.emnetzwerk.de) motiviert abschlussnahe Schüler, sich zusätzlich zum Unterricht in einer Schülerfirma zu engagieren und ihren eigenen Pausenkiosk zu betreiben. Die Jugendlichen verbessern so ihre Chancen, nach der Schule einen Ausbildungsplatz zu finden: Sie lernen, Eigeninitiative zu entwickeln und Verantwortung für sich, für ein Team und für das gemeinsame Projekt zu übernehmen. Die Schulen bekommen zugleich eine Rundum-sorglos-Dienstleistung: Das em-Schülerfirmennetzwerk organisiert die Lieferungen, übt standardisierte Abläufe mit den Jugendlichen ein, schult sie im Hygienemanagement, übernimmt die Buchhaltung und steht den Jugendlichen auch in der täglichen Praxis als Ansprechpartner zur Verfügung. So lässt sich in der Schule unternehmerisches Handeln vermitteln, ohne dass Lehrkräfte mit zusätzlichem Aufwand belastet werden.

  • 28. Juni 2011: Ärgerlich! In Stufe 3 des NUK-Wettbewerbs - da wo es die höchsten Preisgelder und das größte Interesse gibt - gehöre ich nicht zu den Nominierten.
  • 13. Juli 2011: Super, mit den ersten drei Schulen übertreffe ich die 10.000 Euro Umsatz-Grenze.
  • 16. August 2011: Der Gründerzuschuss der Agentur für Arbeit macht's möglich: Ich gebe Vollgas und baue das em-Schülerfirmennetzwerk in Vollzeit weiter aus. Dazu die Aufnahme ins Social Lab Köln, einem Gründungszentrum für außergewöhnliche Social Entrepreneurs und Initiativen im Bereich Schule & Bildung.
  • 2. September 2011: Zwei neue Partnerschulen starten ihren Verkauf. In Bonn war sogar die Zeitung Express live dabei. Der daraus entstandene Artikel motiviert die beteiligten Schüler noch einmal besonders und mich natürlich auch :).
  • 26. Oktober 2011: Nach einigen Gesprächen mit dem Finanzamt ist mein Unternehmen nun offenbar eine der ersten gemeinnützigen Mini-GmbHs.
  • 24. Februar 2012: Mit Hochdruck versuche ich Kontakte zu diversen Ministerien aufzubauen, arbeite an Initiativ-Förderanträgen.
  • 18. März 2012: Irgendwie geht es nicht voran. Erst einmal drei Tage Ski fahren, den Kopf frei bekommen.
  • 20. April 2012: Mit neuem Elan in die heiße Phase. Bis Mitte Mai ist das Projekt noch finanziert. Wie es weitergeht, steht in den Sternen. Die Vorstellung, am Ende des ersten Jahres den Break-Even zu erreichen, war utopisch. Schulakquise ist ein besonders dickes Brett. Für's nächste Schuljahr ist noch eine Finanzierung nötig. Ich schreibe meinen ersten Wirkungsbericht nach dem Social Reporting Standard SRS (siehe Infokasten).

Social Reporting Standard (SRS)
In einem Wirkungsbericht nach dem SRS dokumentieren soziale Projekte, Organisationen und Unternehmen, was sie in einem festgelegten Zeitraum erreicht und welche Mittel sie dafür benötigt haben. Der Social Reporting Standard ist demnach ein Berichtsrahmen, der es den Beteiligten leichter macht, ihre Wirkung darzustellen und Investoren, Spendern und anderen Interessierten nachvollziehbare Informationen zu geben, die mit anderen SRS-Berichten vergleichbar sind.
Mehr unter www.social-reporting-standard.de 

  • 16. Mai 2012: Wow, der Wirkungsbericht sieht aus wie von einem Ashoka-Fellow. Hoffentlich kann ich damit den einen oder anderen Förderer gewinnen!
  • 28. Juni 2012: EM-Halbfinale Deutschland gegen Italien. Ich bin in Berlin. Irgendwie hatte ich wohl schon ein komisches Gefühl im Bauch - statt auf der Fanmeile das Spiel zu sehen, sitze ich am Schreibtisch und arbeite fieberhaft an der Präsentation für das Act for Impact-Finale in München.
  • 1. Juli 2012, 13:58 Uhr: Zwei Minuten vor Deadline schicke ich meine Präsentation für das Act for Impact-Finale an die Organisatoren. Mit den 40.000 Euro Preisgeld könnte ich den Schritt vom Start-up zum nachhaltigen Sozialunternehmen machen. Hoffen und Daumen drücken, denn aktuell lebe ich von meinem Ersparten.
  • 4. Juli 2012: Aus den 40.000 Euro Preisgeld ist nichts geworden, enttäuscht nehme ich um 3:25 Uhr den ersten ICE nach Köln. Um 9:30 Uhr erwarten mich die Schüler der em-Schülerfirma und der Sozialpädagoge der Anne-Frank-Schule in Mettmann zum Abschlussevaluationsgespräch.
  • 5. Juli 2012: Ohne Schlaf, mit wenig Lust und geringer Motivation komme ich in Mettmann an. Doch die Schüler sind fantastisch. Wir lassen das erste Jahr der Schülerfirma gemeinsam Revue passieren, loben, kritisieren konstruktiv und reflektieren das Erreichte und die Lernentwicklungen. Der Sozialpädagoge beschreibt die Schülerfirma als "Selbstläufer". Mit dem Gewinn planen die Schüler einen Ausflug nach Köln im September.
  • 6. Juli 2012: Juchhuuu! Die Agentur für Arbeit bleibt größter "Sponsor" des Projekts und verlängert meinen Gründungszuschuss. Immerhin spült das 1.800 Euro in die Projektkasse. Außerdem fördert O2 Think Big das em-Schülerfirmennetzwerk mit 400 Euro.
  • 16. Juli 2012: Da die Finanzierung über öffentliche Fördermittel oder Stiftungen (noch) aussichtslos ist, setze ich für das kommende Schuljahr auf die Crowd. Dabei helfen wird mir Anne, die heute ihren ersten Tag hat. Unterstützen Sie unsere Crowdfunding Kampagne für das Schuljahr 2012/13 auf www.startnext.de/emnetzwerk

Wirtschaft | Mr Social und Mrs Business, 30.12.2012
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2012 - Das bewegt uns in Zukunft erschienen.
     
        
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