"Nachhaltigkeit liegt uns in den Genen"
Alfred T. Ritter im Interview
Alfred T. Ritter hat zum Jahreswechsel den Vorsitz der Geschäftsführung des von seinen Großeltern gegründeten Unternehmens an den langjährigen Geschäftsführer Produktion und Technik, Andreas Ronken, übergeben und selbst den Vorsitz des Beirats übernommen. – Ein Gespräch über die Bedeutung nachhaltigen Wirtschaftens für das Familienunternehmen Ritter Sport:
Herr Ritter, was bedeutet Zukunftsfähigkeit für Sie und das Familienunternehmen Ritter Sport?
Zukunftsfähig zu handeln bedeutet, mit Blick auf nachfolgende Generationen Voraussetzungen und Systeme zu schaffen, die sowohl heute als auch in der Zukunft gut funktionieren. Unser Ziel muss es sein, die Welt so zu erhalten, dass sie an unserem Tun und Wirtschaften keinen Schaden nimmt. Und dies geht für mich inzwischen über den engen Begriff der Nachhaltigkeit, wie man ihn ursprünglich aus der Forstwirtschaft kennt, hinaus.
Gab es einen konkreten Anlass für Sie, sich intensiver mit dem Thema auseinanderzusetzen?
Uns als Familienunternehmen liegt die Weitergabe eines zukunftsfähigen Betriebs an die nächste Generation grundsätzlich in den Genen. Das Unglück von Tschernobyl im Jahr 1986 hat mir persönlich einen wichtigen zusätzlichen Denkanstoß gegeben. Damals konnten wir keine unverstrahlten Haselnüsse kaufen. Da habe ich gedacht: Das kann man unter gesundheitlichen und auch unter wirtschaftlichen Aspekten nicht so weiter laufen lassen.
Worin besteht für Sie der Antrieb, zukunftsfähig zu wirtschaften?
Die Antwort ist kurz und einfach: Ich habe selbst Kinder und Enkel.
Was war der Grund für den Einstieg in den eigenen Rohstoffanbau?
Für ein im Vergleich zu unseren Wettbewerbern kleines, mittelständisches Unternehmen wie Ritter Sport ist der eigene Anbau die effektivste Weg, maximalen Einfluss auf die sozialen und ökologischen Bedingungen im Kakaoanbau zu nehmen.
Das hat auch Auswirkungen auf die Qualität des Kakaos, indem wir so bessere Möglichkeiten haben, die ersten Produktionsschritte vor Ort – vor allem die Fermentierung sowie Trocknung der Kakaobohnen – unmittelbar zu beeinflussen. Dieser Zugriff auf die Qualität – dort, wo sie entsteht – ist besonders wichtig für uns.
Beim Bezug von Rohstoffen ist die Kinderarbeit immer wieder ein Thema. Was kann ein einzelnes Unternehmen dagegen tun?
Mit unserem begrenzten Einfluss als einzelnes Unternehmen lässt sich dieses vielschichtige Problem – meist eine Folge von Armut – nicht lösen. Durch die Verbreitung nachhaltiger Anbaumethoden können wir jedoch ein angemessenes Einkommen schaffen. Dies wiederum trägt dazu bei, dass die Kinder zur Schule gehen und medizinisch versorgt werden können.
Die Schokoladeproduktion ist sehr energieintensiv. Wie gehen Sie vor dem Hintergrund Ihres Anspruches „zukunftsfähig zu wirtschaften" mit diesem Dilemma um?
Da wir im Bezug von Atomstrom ein unkalkulierbares gesundheitliches und finanzielles Risiko sehen, produzieren wir seit 2002 atomstromfrei. Stattdessen beziehen wir unsere Energie aus einem eigenen Blockheizkraftwerk und verfügen über eine Photovoltaikanlage. Den restlichen Bedarf decken wir über Ökostrom von den Elektrizitätswerken Schönau. Es gibt viele Schrauben, an denen man dabei drehen kann: So haben wir den neuen Gebäudeteil unserer Zentrale zusammen mit dem Austrian Institute of Technology als Null-Energie-Gebäude geplant und errichtet.
Welchen Beitrag kann das Unternehmen leisten, um die negativen Auswirkungen des Klimawandels zu minimieren?
Wir arbeiten mit Hochdruck daran, unser Werk in Waldenbuch bis zum Jahr 2020 auf eine klimaneutralverbessernde Produktion umgestellt zu haben. Durch unsere Art des Kakaoanbaus in Nicaragua, der den Aufbau von Böden umfasst, werden wir künftig mehr CO2 binden, als wir durch die Produktion
ausstoßen. Auf diese Weise erreichen wir eine positive Bilanz.
Wie stellen Sie sich vor, dass das Thema Zukunftsfähigkeit im Unternehmen weitergetragen wird? Haben Sie Wünsche für die Zukunft?
Unsere Geschäftsführung ist mit Blick auf das Thema Zukunftsfähigkeit sehr gut aufgestellt und wird es weiter vorantreiben. Ich persönlich werde künftig in meiner Funktion als Vorsitzender des Beirats daran mitwirken. Unser Leitspruch „Schokolade in Perfektion" gilt für die gesamte Kette – von den Rohstoffen bis zum fertigen Produkt. Und so wollen wir auch unsere Zukunftsfähigkeit stetig, Schritt für Schritt, weiter perfektionieren.
Alfred T. Ritter (62) stand von 2005 bis 2014 als Vorsitzender der Geschäftsführung an der operativen Spitze der Alfred Ritter GmbH & Co. KG. Das von seinen Großeltern 1912 gegründete Unternehmen ist Hersteller der traditionsreichen Ritter Sport Schokolade, die heute vom Stammsitz im schwäbischen Waldenbuch aus in über 100 Länder exportiert wird. Bereits 1997 wurde Alfred T. Ritter zum „Ökomanager des Jahres" ernannt und darüber hinaus mit zahlreichen deutschen und internationalen Nachhaltigkeitspreisen wie zum Beispiel dem Europäisch- Chinesischen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet.
Quelle: Alfred Ritter GmbH & Co. KG
Wirtschaft | CSR & Strategie, 27.05.2015
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