Integritywatch.eu macht Lobbying in der EU transparenter
Deutsche Regelungen hinken hinterher
Die Antikorruptionsorganisation Transparency International hat heute die Online-Plattform „integritywatch.eu" veröffentlicht. Die Plattform veranschaulicht die auf der EU-Ebene öffentlich zugänglichen Informationen unter anderem zu Treffen von Amtsträgern mit Lobbyisten. Deutschland hinkt dieser Entwicklung zu mehr Transparenz deutlich hinterher. Eine vergleichbare Umsetzung würde zunächst eine Reihe regulatorischer Änderungen erfordern.
EU-Institutionen transparenter als der Bundestag
Als Reaktion auf das Verhalten von Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die sich für Bestechungsgelder empfänglich gezeigt hatten, erließ das Europäische Parlament im Jahr 2012 einen Verhaltenskodex, der von den Abgeordneten mehr Transparenz bei ihrem Umgang mit Interessenkonflikten einfordert, und zwar durch Auferlegung der folgenden Pflichten:
- Angabe der Höhe der jährlichen Nebeneinkünfte in vier Stufen;
- Abgabe einer sog. „declaration of financial interests", in der jede berufliche Tätigkeit offengelegt werden muss, die drei Jahre vor der Wahl ausgeübt wurde bzw. während der Abgeordnetenzeit ausgeübt wird;
- Verbot der Annahme von materiellen Vorteilen mit einem Wert von über 150 Euro. Handelt es sich um eine diesen Betrag übersteigende, nicht im amtlichen Interesse liegende Einladung ist die Annahme derselben zu veröffentlichen.
Verstöße werden potentiell mit Sanktionen belegt, die von der Rüge über den zeitweiligen Ausschluss von Parlamentssitzungen bis hin zum Verlust der Funktion des Berichterstatters oder einer anderen Position reichen, in die der Abgeordnete gewählt worden ist.
Dieses EU-Regelwerk war eine wichtige Voraussetzung, um die Plattform „integritywatch.eu" schaffen zu können. Mit einem Klick lässt sich dort nicht nur für jeden einzelnen EU-Parlamentarier die Einhaltung des Verhaltenskodex nachprüfen, sondern sie erlaubt auch, die Treffen von EU-Kommissaren und ihren engsten Beratern mit Interessenvertretern detailliert nachzuvollziehen. Seit dem 1. Dezember 2014 hat sich die Kommission dazu verpflichtet, nur noch Treffen mit im EU-Transparenzregister verzeichneten Vertretern anzunehmen und diese offenzulegen.
Die für den deutschen Bundestag und die Landtage bislang existierenden Verhaltensregeln sind – mit Ausnahme der Offenlegungspflichten bezüglich der Nebeneinkünfte – von diesem Standard weit entfernt. Wolfgang Jäckle, Leiter der Arbeitsgruppe Politik von Transparency Deutschland meint: „Nicht zuletzt wegen der vom Bundestag beschlossenen Verschärfung der Mandatsträgerbestechung bedürfen die Verhaltensregeln des Bundestags wie auch der Landtage dringend der Überarbeitung." Notwendig ist zudem ein wirksames Kontrollinstrument.
Damit sind die Voraussetzung für eine vergleichbare Plattform in Deutschland erst zu schaffen, u.a. ein verpflichtendes Lobbyregister und die Verpflichtung von Amtsträgern zur Bekanntgabe von Kontakten zu Lobbyisten. Andere Länder haben bereits vor Jahren Internet-Plattformen geschaffen. In England existieren online verfügbare Informationen zu „finanziellen Interessen" von Abgeordneten seit 1997. Kanada oder die USA gehen hinsichtlich der Transparenz von Lobbying noch weiter und sind somit erheblich transparenter als Deutschland.
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Zu Transparency Deutschland
Transparency International Deutschland e. V. arbeitet deutschlandweit an einer effektiven und nachhaltigen Bekämpfung und Eindämmung der Korruption. Dies ist nur möglich, wenn Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten und Koalitionen gebildet werden. In Arbeits- und Regionalgruppen werden die Ziele an entscheidende Stellen transportiert, Lösungen erarbeitet und gesellschaftliche wie politische Entwicklungen kritisch begleitet.
Kontakt
Prof. Dr. Wolfgang Jäckle | office@transparency.com | www.transparency.com
Wirtschaft | Recht & Normen, 24.06.2015
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