Wasser speichern und Energie gewinnen
Wasserknappheit ist ein heißes Thema.
Von Kalifornien über Brasilien bis Zypern
häufen sich die Hitzewellen und auch bei uns wurde in diesem Sommer an manchen
Orten Wasser rationiert. Neue Ideen sind notwendig, um den überlebenswichtigen
Rohstoff Wasser zu wahren.
Kalifornien ist bekannt als Land der schönen Strände, attraktiver Metropolen und
vieler Nationalparks. Einst zierten saftige grüne Wiesen die Vorgärten der
Bürger des Golden State. Die langanhaltende Rekorddürre California Drought
bedroht nun den amerikanischen Traum vom gediegenen Wohlstand und sorglosen
Leben. Die Regierung hat strenge Maßnahmen verordnet, den Wasserverbrauch zu
reduzieren. Das Bewässern der Grünanlagen und Gärten wird untersagt. Was übrig
bleibt, sind rissige Erde, brachliegende Felder und Wiesen. Viele der Bewohner
beziehen ihr Wasser aus eigenen Brunnen, die zunehmend versiegen. Auch
Brasiliens Südosten wird von einer schlimmen Dürre heimgesucht. Die letzte
Regenzeit fiel so gut wie aus. Der Wassermangel nimmt hier ebenso wie in Zypern
dramatische Formen an. „Der Planet war noch nie so durstig", schreiben Experten
der Vereinten Nationen im aktuellen World Water Development Report 2015.
Wasserreserven speichern
Um vorhandene Wasserreserven oder Trinkwasser aus Entsalzungsanlagen zu
speichern, bis sie benötigt werden, sind Speicher notwendig. In unterirdischen
Speichern können ohne Verdunstung durch Sonne und Hitze enorme Wassermengen
erhalten bleiben. Oberirdisch gehören in vielen Ländern offene Wasserreservoire
zur etablierten Infrastruktur. Diese werden genau dort angelegt, wo das Wasser
benötigt wird. Der Nachteil dieser Speichermethode liegt darin, dass die
Ressource bei starker Hitze verdunstet. In Kalifornien wurden deshalb vor Kurzem
Abermillionen schwarze Plastikkugeln in ein Staubecken in Sylmar, 40 Kilometer
nördlich der Millionenmetropole Los Angeles, gekippt. 1,1 Milliarden Liter
Wasser verdunsten jährlich durch die starke Sonneneinstrahlung in der Region.
Die Kugeln im Staubecken sollen dies nun verhindern.
Innovation mit Doppelnutzen
Das Unternehmen Benecke-Kaliko hat nun, von externen Experten unterstützt, eine
Abdeckfolie für Reservoire präsentiert, die Wasser zuverlässig vor Verdunstung
schützt. Und das Beste daran: Auf der Folie laminierte Photovoltaikmodule
gewinnen zusätzlich Energie aus der Sonne.
Die zündende Idee für das technologisch ausgefeilte System mit Doppelnutzen
hatte Tobias Haarburger. Er ist Program Manager im Bereich Industrie des
Unternehmens und Spezialist für die Themen Trinkwassergewinnung, -aufbereitung
und -verteilung sowie Umwelttechnik. Bei seinem Verfahren werden flexible
Dünnschichtmodule auf eine PVC-Folie laminiert. Über drei Jahre experimentierte
das Unternehmen mit einer rund 1.200 Quadratmeter großen Testanlage an der
israelischen Mittelmeerküste nahe der Stadt Netanya. In einer Art
Freiluft-Technikum wurden verschiedene Photovoltaiklösungen mit einer
Spitzenleistung von 8,5 Kilowatt peak (KWp) getestet. „Die Stromausbeute und
zahlreiche weitere Parameter konnte ich per Fernüberwachung von meinem Büro in
Hannover aus am Bildschirm analysieren", sagt Haarburger. „Das beste Ergebnis
lieferten hierbei flexible Dünnschichtmodule unseres Lieferanten aus den USA."
Autarke Strom- und Wasserversorgung
Die lichtundurchlässige Spezialfolie verfügt über multifunktionale
Eigenschaften. Als Folienverbund deckt sie große Wasserflächen ab. „Bis zu 40
Prozent mehr Brauchwasser bleiben damit erhalten, die für die Bewässerung und
damit einen Zugewinn an Ackerfläche und Ernteertrag eingesetzt werden können",
erklärt Haarburger. Darüber hinaus bietet die Folie Schutz vor Algenbildung
sowie Verschmutzung und erhöht damit die Wasserqualität. Je nach Höhe des
Strombedarfes des jeweiligen Areals wird die benötigte Menge an Solarzellen
direkt auf die Folien laminiert. So liefert die Sonne für umliegende Haushalte
oder den Betrieb von Pumpstationen die erforderliche Energie. „Für viele
Gemeinden, die in abgelegenen Gebieten keinen nennenswerten Zugang zu Strom
haben, ist das ein bedeutendes Element der sicheren Selbstversorgung", macht der
Entwickler aus Hannover deutlich.
Bei einem Reservoir von 100.000 Quadratmetern kann mit dem System ein
PV-Kraftwerk mit 5,0 Megawatt peak (MWp) betrieben werden. „Die autarke
Stromversorgung kann zusätzliche Pumpen antreiben, die das kostbare, vor der
Verdunstung gerettete Brauchwasser an weiter entlegene Bestimmungsorte in den
kargen Regionen befördern können."
Vorfertigung für eine einfache Installation
Durch den hohen Vorfertigungsgrad kann das System schnell installiert werden. Es
genügt, das Becken auszuheben und auf dem umlaufenden Kamm einen Betonring für
die Verspannung der Folie aufzusetzen. Die 25 Meter langen und 1,7 Meter breiten
Folien werden ausgerollt, in der gewünschten Dimension miteinander verschweißt
und anschließend auf dem Wasserbecken schwimmend platziert. Für weitere
Wartungsarbeiten sind sie begeh- und sogar befahrbar. Durch die horizontale Lage
der Module ist die Wirkung von Windkräften auf die bis zu 100.000 Quadratmeter
abgedeckten Flächen äußerst gering. Die Inbetriebnahme der Photovoltaik-Anlage
wird nach branchenüblichen Standards vorgenommen.
Bisher gibt es laut Angaben der Hersteller kein System, das wie die Spezialfolie
konsequent Wasserschutz mit klimaschützender Energiegewinnung verbindet. „Im
Vergleich zu unserem System liefern herkömmliche Module zwar dieselbe oder etwas
mehr Energie, doch starre Module haben einen weitaus größeren
Installationsaufwand und bieten nur eine unzureichende Abdeckung des Wassers.
Weitere Systeme zum Wasserschutz wie beispielsweise Plastikkugeln sind
windanfällig und liefern keine Energie", betont Haarburger.
Der Folienverbund entlässt keine Emissionen in das Wasser oder in die Luft. Am
Ende der Betriebszeit wird der Gesamtverbund inklusive Photovoltaik in Form
gerollter Bahnen entnommen. Das wartungsarme System soll eine Lebensdauer von 20
Jahren haben und vollständig recyclingfähig sein.
Mehrwert für Mensch und Umwelt
Trink- und Prozesswasser sind wesentliche Elemente sozialer und wirtschaftlicher
Entwicklung: für die Landwirtschaft, die hygienischen Bedingungen und
gewerbliche Initiativen. Die Nachfrage nach einer netzunabhängigen
Wasserversorgung ist in semiariden Gebieten mit mehr Verdunstung als
Niederschlag massiv. Es sind solche Ideen für nachhaltige Technologien, die in
vielen Ländern zur Verbesserung der Wasser- und Stromversorgung beitragen und
damit einen Mehrwert für Mensch und Umwelt schaffen.
Umwelt | Wasser & Boden, 01.10.2015
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 04/2015 - Ertrinken wir in Plastik? erschienen.
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