So hat das Elektrofahrzeug noch eine Chance
Mancher Automobilexperte winkt ab: Eine Million Elektroautos bis 2020 auf deutschen Straßen? Nicht zu schaffen. Dabei könnten drei offensichtliche Kriterien den Weg ebnen.
Die Welt will sich bewegen - und das steigende Mobilitätsbedürfnis benötigt immer mehr fossile Ressourcen. Beanspruchen nun auch die "emerging Markets" der asiatischen Länder China und Indien eine Mobilität wie in Europa oder USA, spitzen sich CO2-Ausstoß und Klimasituation weiter zu. Wir sollten es zukünftig vermeiden, Rohstoffe mit vergleichbar niedrigen Wirkungsgraden im Pkw-Motor zu verbrennen, denn wir brauchen sie vielmehr zur Veredelung in andere Materialien wie z.B. Kunststoff. Autos, die "nur" Strom verbrauchen, scheinen für dieses Problem die Lösung zu sein. Doch wie hoch ist der Absatzmarkt für Elektrofahrzeuge überhaupt theoretisch? Wagen wir ein Rechenbeispiel.
Die sehr grob betrachtete Anzahl von Fahrzeugen in Deutschland liegt bei mehr als 40 Millionen. Davon sind ca. 30 Prozent (12 Millionen) Zweitfahrzeuge. Von diesen fahren 80 Prozent stets unter 50 km weit, also ca. 9 bis 10 Millionen. Würden hiervon auch nur 50 Prozent als Käufer eines Elektrofahrzeuges gewonnen, so läge der mögliche Absatzmarkt bei annähernd dem Fünffachen des für das Jahr 2020 angestrebten Bestands von einer Million Elektroautos. Und da haben wir die Verteiler- und Flottenfahrzeuge noch gar nicht eingerechnet.
Dennoch scheinen die Kunden - bis auf wenige Ausnahmen so genannter Early Adopters - gute Gründe zu haben, keine Nachfrage für Elektroautos zu zeigen. Hier ist zu vermuten, dass eine breite Kundschaft nur dann für einen neuen Artikel zu gewinnen ist, wenn dieser entweder günstiger als bisher vergleichbare, interessanter gestaltet oder mit erweiterter Funktionalität versehen ist. Die meisten heute angebotenen E-Fahrzeug-Konzepte widersprechen aber diesen Kriterien. Deshalb könnte man eine Nachfragesteigerung durch die Befriedigung folgender Punkte erreichen: Das E-Fahrzeug muss mindestens die gleichen Betriebskosten und bestenfalls bereits die gleichen Anschaffungskosten zu einem vergleichbaren Verbrennungsfahrzeug aufweisen. Außerdem richtet sich das Angebot zunächst nur an Kunden mit einem täglichen Pkw-Mobilitätsbedarf von unter 100 km.
Aber selbst wenn diese Punkte erfüllt wären, bliebe immer noch eine Skepsis dem Neuen gegenüber, die den Kauf des bereits Bewährten weiter unterstützen würde. Deshalb braucht es einen weiteren Mehrwert in der Waagschale der Kaufentscheidung. Das E-Fahrzeug sollte einen funktionalen Mehrwert ohne Mehrkosten gegenüber dem Verbrennungsfahrzeug aufweisen. Kurzum: Ein Hightech-Produkt mit mehr Funktionalität zum gleichen Angebotspreis.
Ein drei Jahre (2011-2014) währendes Projekt am Institute for Advanced Study (IAS) der Technischen Universität München (TUM) hat zur Beantwortung dieser Frage einen ganzheitlichen Ansatz zur breitflächigen Nutzung der Elektromobilität betrachtet. Das Konzept bezieht mögliche Lösungen für globale Megatrends wie Umweltbewusstsein, Urbanisierung und Demografischer Wandel ein.
Drei Kriterien, um das Elektroauto attraktiv zu machen
Kriterium 1: Preisparität
Die Herstellkosten eines rein elektrischen Fahrzeugs sind (ohne die Kosten für die Batterie) niedriger als die eines Autos mit Verbrennungsmotor. Elektrofahrzeuge sind weniger komplex: Vergaser oder Einspritzanlage, Kupplung, Getriebe- und Abgasnachbehandlung brauchen sie nicht. Doch aufgrund der zunächst deutlich kleineren Stückzahlen liegen die Kosten eher auf gleichem Niveau. Hinzu kommen zurzeit auch die Mehrkosten für die Batterie. Hier muss man kurz- bis mittelfristig noch mit Preisen von ca. 300 Euro pro kWh rechnen, was bei einer Batterie für ein E-Auto mit einer Reichweite von annähernd 150 km zu einer Kapazität von 25 kWh und damit Mehrkosten von zusätzlich 7.500 Euro führen würde. Man braucht also ein passendes Geschäftsmodell für die Amortisation der Kosten des Energiespeichers. Dieses könnte darin bestehen, dass der Energiespeicher zusätzlichen Mehrwert generiert. Die Energiewende erfordert ohnehin einen Stromnetz- und Energiespeicher-Ausbau.
Damit die Batterie sich amortisiert, gibt es zwei Möglichkeiten: Den Energiehandel und den Leistungsspitzenausgleich. Der Leistungsspitzenausgleich entspricht einem Pumpspeicherkraftwerk (viel Leistung, für eine kurze Zeit) und der Energietransfer entspricht einem virtuellen Kraftwerk (mäßiger Stromtransfer über einen längeren Zeitraum). Für beide Verfahren braucht das Fahrzeug einen bidirektionalen Anschluss an die Ladeinfrastruktur. Bidirektional heißt, dass sowohl die Batterie geladen, als auch Strom ins Netz zurückfließen kann. Beide Finanzierungsmodelle - Energiehandel und Leistungsspitzenausgleich - wären auch miteinander kombinierbar.
Das Elektrofahrzeug kann dem Netz als Energiespeicher dienen und ihm bei Bedarf Energie zurückgeben. Wenn im Auto eine entsprechende Software integriert ist, kann es den momentan gehandelten Strompreis möglichst zeitnah vom Netzbetreiber oder Energieerzeuger erhalten. Mit Hilfe innovativer Ladeintelligenz ließe sich über den Gewinn aus der positiven Preisdifferenz von Einkaufs- und Verkaufspreis ein Teil der Batteriekosten refinanzieren.
Selbstverständlich ist darauf zu achten, dass das Fahrzeug hierbei die Energieabgabe nur soweit zulassen darf, dass die gewünschte Reichweite des Besitzers nicht gefährdet wird. Auch darf eine zusätzliche Schädigung der Batterie durch diesen Betrieb zu keinen Mehrkosten führen, was aber in dem zugrundeliegenden Nutzungsverhalten aufgrund mittlerweile kommunizierter Zyklenfestigkeiten von 3.000 bis 5.000 Lade-/Entladevorgängen nicht mehr der Fall sein wird. Die Batterie wird sich ohne diesen Energieaustausch vielmehr mit der Zeit "kaputtstehen" und daher Wertschöpfung verschenken.
Die zweite Variante für die Amortisation der Batteriekosten könnte der Leistungsspitzenausgleich darstellen. Um eventuell auftretende Leistungsspitzen abfangen zu können, kann der Energiespeicher des Fahrzeugs an das Netz angeschlossen werden. Dabei gibt es eine Vergütung für die Netzanschlusszeiten des Energiespeichers.
Eine Kostenparität des Elektrofahrzeugs zum Verbrennungsfahrzeug wäre somit, wenn die verschiedenen Spieler entsprechend kooperieren, durchaus erreichbar. Wenn man E-Autos dann noch mit Erneuerbaren Energien betreibt und mit ihrer Kapazität das Energienetz stabilisiert, können sie einen großen Beitrag zum Umweltbewusstsein liefern.
Dennoch scheinen die Kunden - bis auf wenige Ausnahmen so genannter Early Adopters - gute Gründe zu haben, keine Nachfrage für Elektroautos zu zeigen. Hier ist zu vermuten, dass eine breite Kundschaft nur dann für einen neuen Artikel zu gewinnen ist, wenn dieser entweder günstiger als bisher vergleichbare, interessanter gestaltet oder mit erweiterter Funktionalität versehen ist. Die meisten heute angebotenen E-Fahrzeug-Konzepte widersprechen aber diesen Kriterien. Deshalb könnte man eine Nachfragesteigerung durch die Befriedigung folgender Punkte erreichen: Das E-Fahrzeug muss mindestens die gleichen Betriebskosten und bestenfalls bereits die gleichen Anschaffungskosten zu einem vergleichbaren Verbrennungsfahrzeug aufweisen. Außerdem richtet sich das Angebot zunächst nur an Kunden mit einem täglichen Pkw-Mobilitätsbedarf von unter 100 km.
Aber selbst wenn diese Punkte erfüllt wären, bliebe immer noch eine Skepsis dem Neuen gegenüber, die den Kauf des bereits Bewährten weiter unterstützen würde. Deshalb braucht es einen weiteren Mehrwert in der Waagschale der Kaufentscheidung. Das E-Fahrzeug sollte einen funktionalen Mehrwert ohne Mehrkosten gegenüber dem Verbrennungsfahrzeug aufweisen. Kurzum: Ein Hightech-Produkt mit mehr Funktionalität zum gleichen Angebotspreis.
Ein drei Jahre (2011-2014) währendes Projekt am Institute for Advanced Study (IAS) der Technischen Universität München (TUM) hat zur Beantwortung dieser Frage einen ganzheitlichen Ansatz zur breitflächigen Nutzung der Elektromobilität betrachtet. Das Konzept bezieht mögliche Lösungen für globale Megatrends wie Umweltbewusstsein, Urbanisierung und Demografischer Wandel ein.
Drei Kriterien, um das Elektroauto attraktiv zu machen
Kriterium 1: Preisparität
Die Herstellkosten eines rein elektrischen Fahrzeugs sind (ohne die Kosten für die Batterie) niedriger als die eines Autos mit Verbrennungsmotor. Elektrofahrzeuge sind weniger komplex: Vergaser oder Einspritzanlage, Kupplung, Getriebe- und Abgasnachbehandlung brauchen sie nicht. Doch aufgrund der zunächst deutlich kleineren Stückzahlen liegen die Kosten eher auf gleichem Niveau. Hinzu kommen zurzeit auch die Mehrkosten für die Batterie. Hier muss man kurz- bis mittelfristig noch mit Preisen von ca. 300 Euro pro kWh rechnen, was bei einer Batterie für ein E-Auto mit einer Reichweite von annähernd 150 km zu einer Kapazität von 25 kWh und damit Mehrkosten von zusätzlich 7.500 Euro führen würde. Man braucht also ein passendes Geschäftsmodell für die Amortisation der Kosten des Energiespeichers. Dieses könnte darin bestehen, dass der Energiespeicher zusätzlichen Mehrwert generiert. Die Energiewende erfordert ohnehin einen Stromnetz- und Energiespeicher-Ausbau.
Damit die Batterie sich amortisiert, gibt es zwei Möglichkeiten: Den Energiehandel und den Leistungsspitzenausgleich. Der Leistungsspitzenausgleich entspricht einem Pumpspeicherkraftwerk (viel Leistung, für eine kurze Zeit) und der Energietransfer entspricht einem virtuellen Kraftwerk (mäßiger Stromtransfer über einen längeren Zeitraum). Für beide Verfahren braucht das Fahrzeug einen bidirektionalen Anschluss an die Ladeinfrastruktur. Bidirektional heißt, dass sowohl die Batterie geladen, als auch Strom ins Netz zurückfließen kann. Beide Finanzierungsmodelle - Energiehandel und Leistungsspitzenausgleich - wären auch miteinander kombinierbar.
Das Elektrofahrzeug kann dem Netz als Energiespeicher dienen und ihm bei Bedarf Energie zurückgeben. Wenn im Auto eine entsprechende Software integriert ist, kann es den momentan gehandelten Strompreis möglichst zeitnah vom Netzbetreiber oder Energieerzeuger erhalten. Mit Hilfe innovativer Ladeintelligenz ließe sich über den Gewinn aus der positiven Preisdifferenz von Einkaufs- und Verkaufspreis ein Teil der Batteriekosten refinanzieren.
Selbstverständlich ist darauf zu achten, dass das Fahrzeug hierbei die Energieabgabe nur soweit zulassen darf, dass die gewünschte Reichweite des Besitzers nicht gefährdet wird. Auch darf eine zusätzliche Schädigung der Batterie durch diesen Betrieb zu keinen Mehrkosten führen, was aber in dem zugrundeliegenden Nutzungsverhalten aufgrund mittlerweile kommunizierter Zyklenfestigkeiten von 3.000 bis 5.000 Lade-/Entladevorgängen nicht mehr der Fall sein wird. Die Batterie wird sich ohne diesen Energieaustausch vielmehr mit der Zeit "kaputtstehen" und daher Wertschöpfung verschenken.
Die zweite Variante für die Amortisation der Batteriekosten könnte der Leistungsspitzenausgleich darstellen. Um eventuell auftretende Leistungsspitzen abfangen zu können, kann der Energiespeicher des Fahrzeugs an das Netz angeschlossen werden. Dabei gibt es eine Vergütung für die Netzanschlusszeiten des Energiespeichers.
Eine Kostenparität des Elektrofahrzeugs zum Verbrennungsfahrzeug wäre somit, wenn die verschiedenen Spieler entsprechend kooperieren, durchaus erreichbar. Wenn man E-Autos dann noch mit Erneuerbaren Energien betreibt und mit ihrer Kapazität das Energienetz stabilisiert, können sie einen großen Beitrag zum Umweltbewusstsein liefern.
Kriterium 2: Reichweite
Die Gesellschaft setzt aufgrund gelernter Verhaltensweisen hohe Erwartungen in die Höhe des Aktionsradius eines Pkw - im Gegensatz zu den tatsächlichen täglichen Mobilitätsbedürfnissen vieler. Für rund 10 Millionen Fahrzeuge in Deutschland ist die Reichweite heutiger Elektrofahrzeuge mit unter 150 km vollkommen ausreichend. Bei täglichen Kurzstrecken kann das E-Fahrzeug ohne Probleme an der Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz oder im Parkhaus des Einkaufszentrums Energie aufnehmen, statt wie bislang Zwischenstopps an der Tankstelle zu machen. Und zu Hause? Mit der Steckdose in der eigenen Garage oder dem Carport mit Solaranlage kann man eine "Tankstelle" sein Eigen nennen. Erste Veränderungen lassen sich jedoch bereits erkennen. Junge Menschen in den Metropolen nutzen zunehmend den ÖPNV. Sie stehen weniger im Stau und sparen sich die Parkplatzsuche. Das Fahrzeug als Prestigeobjekt tritt für sie in den Hintergrund, sie machen es zu einem reinen Werkzeug der Mobilität. Speziell im urbanen Bereich entwickelt sich das Auto zu einem Teil der Mobilitätskette. Bahn, Fluggesellschaften, Autovermietungen und vor allem Reisebüros organisieren den gesamten Service von zu Hause bis zum Reiseziel mit Mietwagen vor Ort aus einer Hand. Neu sind auch innovative Kommunikationstechnologien: Fahrzeuge "reden" mit Fahrzeugen oder mit der Umgebung. Dadurch lässt sich der Verkehr optimal steuern. Mit der elektronischen Beobachtung passieren weniger Unfälle, man kann Parkplätze reservieren und die eigenen Schritte in der Mobilitätskette komfortabel abrechnen. Verschiedene Fahrzeughersteller und Dienstleistungsanbieter testen solche Konzepte bereits. Und das ist nur der Anfang: Bald lässt sich auch der eigene Privat-Parkplatz im Tagesverlauf flexibel vermieten und die Batteriekapazität aller stehenden Fahrzeuge zur Netzstabilisierung prognostizieren. Mobilität wird über das Smartphone aus der Cloud angefragt und gebucht. Eine vernetztere Welt - und in der Hoffnung der Planer auch sicherer und komfortabler.
Kriterium 3: Mehr Funktionalität
Die meisten Ansätze für Elektrofahrzeuge wollen einfach den Verbrennungs- durch einen Elektromotor ersetzen und dabei die restlichen Komponenten weitgehend beibehalten. Doch ein eigener elektromotorischer Antriebsstrang macht ganz andersartig gestaltbare Fahrzeuge möglich. Wenn man etwa den Antriebsmotor in die Antriebsräder integriert entfallen weitere Komponenten und man gewinnt mehr Innenraum - bei kleinerer Abmessung. Nicht nur ältere Menschen können leichter ein- und aussteigen - ein weiterer Vorteil des E-Fahrzeugs im demografischen Wandel. Wenn man zusätzlich jedes Rad einzeln ansteuert wird das mechanische Differenzial überflüssig. Dieses muss bisher das Drehmoment des Motors passiv auf die Räder verteilen. Wenn ein Elektroauto in die Kurve fährt, ordnet nun eine Software aktiv und präzise das jeweils optimale Drehmoment zu ("Torque Vectoring"), was zur verbesserten Fahrdynamik beiträgt und damit auch die Sicherheit erhöht.
Die Gesellschaft setzt aufgrund gelernter Verhaltensweisen hohe Erwartungen in die Höhe des Aktionsradius eines Pkw - im Gegensatz zu den tatsächlichen täglichen Mobilitätsbedürfnissen vieler. Für rund 10 Millionen Fahrzeuge in Deutschland ist die Reichweite heutiger Elektrofahrzeuge mit unter 150 km vollkommen ausreichend. Bei täglichen Kurzstrecken kann das E-Fahrzeug ohne Probleme an der Ladeinfrastruktur am Arbeitsplatz oder im Parkhaus des Einkaufszentrums Energie aufnehmen, statt wie bislang Zwischenstopps an der Tankstelle zu machen. Und zu Hause? Mit der Steckdose in der eigenen Garage oder dem Carport mit Solaranlage kann man eine "Tankstelle" sein Eigen nennen. Erste Veränderungen lassen sich jedoch bereits erkennen. Junge Menschen in den Metropolen nutzen zunehmend den ÖPNV. Sie stehen weniger im Stau und sparen sich die Parkplatzsuche. Das Fahrzeug als Prestigeobjekt tritt für sie in den Hintergrund, sie machen es zu einem reinen Werkzeug der Mobilität. Speziell im urbanen Bereich entwickelt sich das Auto zu einem Teil der Mobilitätskette. Bahn, Fluggesellschaften, Autovermietungen und vor allem Reisebüros organisieren den gesamten Service von zu Hause bis zum Reiseziel mit Mietwagen vor Ort aus einer Hand. Neu sind auch innovative Kommunikationstechnologien: Fahrzeuge "reden" mit Fahrzeugen oder mit der Umgebung. Dadurch lässt sich der Verkehr optimal steuern. Mit der elektronischen Beobachtung passieren weniger Unfälle, man kann Parkplätze reservieren und die eigenen Schritte in der Mobilitätskette komfortabel abrechnen. Verschiedene Fahrzeughersteller und Dienstleistungsanbieter testen solche Konzepte bereits. Und das ist nur der Anfang: Bald lässt sich auch der eigene Privat-Parkplatz im Tagesverlauf flexibel vermieten und die Batteriekapazität aller stehenden Fahrzeuge zur Netzstabilisierung prognostizieren. Mobilität wird über das Smartphone aus der Cloud angefragt und gebucht. Eine vernetztere Welt - und in der Hoffnung der Planer auch sicherer und komfortabler.
Kriterium 3: Mehr Funktionalität
Die meisten Ansätze für Elektrofahrzeuge wollen einfach den Verbrennungs- durch einen Elektromotor ersetzen und dabei die restlichen Komponenten weitgehend beibehalten. Doch ein eigener elektromotorischer Antriebsstrang macht ganz andersartig gestaltbare Fahrzeuge möglich. Wenn man etwa den Antriebsmotor in die Antriebsräder integriert entfallen weitere Komponenten und man gewinnt mehr Innenraum - bei kleinerer Abmessung. Nicht nur ältere Menschen können leichter ein- und aussteigen - ein weiterer Vorteil des E-Fahrzeugs im demografischen Wandel. Wenn man zusätzlich jedes Rad einzeln ansteuert wird das mechanische Differenzial überflüssig. Dieses muss bisher das Drehmoment des Motors passiv auf die Räder verteilen. Wenn ein Elektroauto in die Kurve fährt, ordnet nun eine Software aktiv und präzise das jeweils optimale Drehmoment zu ("Torque Vectoring"), was zur verbesserten Fahrdynamik beiträgt und damit auch die Sicherheit erhöht.
Mit einem zentralisierten Ansatz für die Informations- und Kommunikationstechnik hat schließlich auch der Hersteller weniger Aufwand, denn er lädt einfach den Algorithmus für die Motorenansteuerung in das System und bestimmt so das Verhalten des Fahrzeuges, ohne die Mechanik modifizieren zu müssen. Außerdem kann er die Reibbremse an der Hinterachse weglassen, wenn die dort verbauten Radnabenmotoren die Bremswirkung durch reine Rekuperation ausreichend stark gewährleisten. Dann kommen in 70 Prozent aller Bremsfälle bis zu 80 Prozent der Bewegungsenergie elektrisch zurück in die Batterie. Der Fahrer spart so besonders bei dynamischer Fahrweise im Stadtbereich oder gebirgigem Gelände. Ein Fahrzeug mit diesem Konzept präsentierte die Siemens AG bereits auf der eCarTec 2012.
Autos mit zwei Rädern, die Gepäck selber abholen - was kommt als nächstes?
Manche Konzeptautos fahren mit nur zwei in Reihe oder auch parallel angeordneten Rädern. Bei letzterem entfiel sogar die Lenkungsachse mit Lenkgeometrie: Wenn das Auto Kurven fahren soll, geben die beiden Elektromotoren kurzerhand unterschiedliche Geschwindigkeiten auf die Räder. Damit das Fahrzeug ohne drittes oder viertes Rad nicht umkippt, haben die Hersteller eine Stabilitätsregelung eingebaut. Ob so das Fahrzeug der Zukunft aussieht, muss sich zeigen. Aber alle Konzepte sind sehr einfach bedienbar und dürften in Massenproduktion kostengünstig sein. Ein zusätzlicher Vorteil des Elektroantriebs: Jede einzelne Bewegung lässt sich von den elektromotorischen Systemen präzise ansteuern. So werden Einparken, Rangieren und andere Bewegungsabläufe einfacher, genauer, billiger. Was, wenn man die Koffer nicht zum Fahrzeug tragen müsste, sondern das Fahrzeug selbst das Gepäck und die Passagiere abholt? Ist es zu weit gedacht, wenn sich das Fahrzeug dann schon optimal auf die Bedürfnisse des Passagiers eingestellt hat - es spielt seine Lieblingsmusik, plant seine Route und zeigt ihm die Bedienungsoberfläche, die er mag?
Mit all diesen neuen Funktionen und Softwarebausteinen steigt aber auch die Komplexität. Sie ist kaum noch zu bewältigen, wenn dann auch noch das Ziel autonomen Fahrens hinzukommt. Forschung und Industrie arbeiten daher an neuen Konzepten, um die elektronische Systemarchitektur zu zentralisieren. Sie vereinen dafür viele Funktionen auf einer elektronischen Integrationsplattform.
Alle vorgeschlagenen Maßnahmen bieten verschiedensten technischen Innovationen eine Plattform und versprechen gewinnbringende Geschäftsmodelle. Bausteine für den Erfolg der Elektromobilität sind Ressourcenschonung, Komfort und Sicherheit sowie weniger Kosten. So wird die neu entdeckte Antriebsform gesellschaftlichen Entwicklungen wie Umweltbewusstsein, Urbanisierung und demografischem Wandel gerecht. Ein ganzheitlicher Ansatz wird aber erst durch die Kooperation von Partnern in neuen Geschäftskonstellationen möglich.
Prof. Dr. Gernot Spiegelberg
ist Leiter Elektromobilität bei Siemens Corporate Technology und Rudolf Diesel Senior Fellow an der TUM/IAS.
Hauke Stähle (Dipl.-Ing. Elektrotechnik)
ist Doktorand auf dem Gebiet der Systemarchitektur am Lehrstuhl für Robotik und Eingebettete Systeme an der TUM.
Ljubo Mercep (M.Sc. Informatik)
ist Doktorand auf dem Gebiet der Mensch-Maschine-Schnittstelle am Lehrstuhl für Robotik und Eingebettete Systeme an der TUM.
Claudia Meis (Dipl.-Ing. Maschinenbau)
ist Doktorandin auf dem Gebiet Antriebsstrangdesign / Energieoptimierung am Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik an der TUM.
ist Leiter Elektromobilität bei Siemens Corporate Technology und Rudolf Diesel Senior Fellow an der TUM/IAS.
Hauke Stähle (Dipl.-Ing. Elektrotechnik)
ist Doktorand auf dem Gebiet der Systemarchitektur am Lehrstuhl für Robotik und Eingebettete Systeme an der TUM.
Ljubo Mercep (M.Sc. Informatik)
ist Doktorand auf dem Gebiet der Mensch-Maschine-Schnittstelle am Lehrstuhl für Robotik und Eingebettete Systeme an der TUM.
Claudia Meis (Dipl.-Ing. Maschinenbau)
ist Doktorandin auf dem Gebiet Antriebsstrangdesign / Energieoptimierung am Lehrstuhl für Fahrzeugtechnik an der TUM.
Technik | Mobilität & Transport, 01.04.2014
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 02/2014 - Voll transparent, voll engagiert erschienen.
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