BIOFACH 2025

Änderungen in der Logistikbranche: Die Umwelt durch Druck schützen?

Wie sehen die Bausteine für einen Güterverkehr aus, der als umweltfreundlich bezeichnet werden kann?

Derzeit sieht es beileibe nicht so aus, als würden sich Lastkraftwagen und Nachhaltigkeit miteinander vereinbaren lassen. Leider wird von einer Zunahme des Güterverkehrs ausgegangen – der Trend ist bereits sichtbar und wird sich binnen der nächsten zehn Jahre verstärken. Die Umwelt würde jedoch gerade von einer umgekehrten Tendenz profitieren. Doch was sind eigentlich Bausteine für einen Güterverkehr, der als umweltfreundlich bezeichnet werden kann? Womit wird Nachhaltigkeit in diesem Bereich erreicht?

Lkw auf deutschen Straßen: Die aktuelle Situation
Zwischen 1991 und 2000 steigerte sich der Güterverkehr auf deutschen Straßen um ganze 40 Prozent. Bis jetzt hat sich nichts daran geändert und auch die Zahlen für 2012, als etwa 72 Prozent des Güterverkehrs über die Straße abgewickelt wurden, zeigen keine Besserung. Immer wieder werden Rufe nach neuen und besseren Straßen laut – Belastungen durch Lärm und Feinstaub werden dabei gern ausgeblendet. Es gibt zwar Ziele, die sich mit einem geringeren Flächenverbrauch durch Straßen sowie mit einer Reduzierung der Treibhausgase befassen, erreicht werden können diese aber aller Voraussicht nach nicht. Dies wäre nur möglich, wenn sich an der aktuellen Situation etwas massiv ändern würde.
Fakt ist, dass der Güterverkehr auf der Straße zum großen Teil an Umweltbelastungen schuld ist: Abgase, Schäden an der Straße sowie schwere Verkehrsunfälle gehen mit der verstärkten Nutzung der Lastkraftwagen einher. Bis 2050 soll das Ziel der EU erreicht werden, dass etwa 50 Prozent des Güterverkehrs mit einer Entfernung über 300 km nur noch über Schiff und Bahn realisiert werden sollen.
Weitere interessante Neuigkeiten zum aktuellen Stand auf deutschen Straßen und zu weiteren Neuigkeiten aus dem Logistikwesen finden Sie unter diesem Link.

Die Belastungen im Einzelnen
Durch den Lkw-Verkehr werden deutlich mehr Stickoxide in die Umwelt geblasen als durch alle anderen Verkehrsfahrzeuge. Lkw produzieren zum Beispiel rund zwölfmal mehr Schadstoffe als die Bahn.
Auch das Problem des Feinstaubs stellt sich durch den Güterverkehr verstärkt: Hier liegen Lkw sogar dreizehn Mal höher als die Bahn! Der Grund: Diese Partikel entstehen beim Verbrennungsvorgang im Dieselmotor – die Bahn fährt aber überwiegend elektrisch.
Flächenzerschneidung und –verbrauch sind weitere Probleme, dazu kommt der Lärm, den ein Lkw zwangsläufig mit sich bringt. Rund 60 Prozent der Menschen fühlen sich durch ihn gestört, das haben Umfragen ergeben. Fluglärm stört nur etwa 32 Prozent, Lärm durch die Bahn sogar nur 20 Prozent der Befragten.
Auch der „Flächenfraß" ist ein Problem, denn für einen Kilometer Bahnstrecke wird umgerechnet ein Hektar verbraucht, für einen Kilometer Autobahn sind es bereits vier Hektar. Pro Tag verschwinden rund 130 Hektar unberührter Natur aus der deutschen Landschaft!
Bei der Betrachtung der negativen Dinge dürfen die externen Kosten nicht vergessen werden. Für diese muss die Allgemeinheit aufkommen und sie betrugen zum Beispiel im Jahr 2000 etwa 530 Milliarden Euro in den Ländern der Europäischen Union! Bemerkenswert: Die Straße verursacht hier rund 84 Prozent der Kosten, die Bahn nur 1,9 Prozent. 14 Prozent entfallen auf den Luftverkehr.

Bausteine zur Verbesserung: Wo kann angesetzt werden?
In der Schweiz ist die Maut deutlich höher als in Deutschland. Eine Forderung der Verkehrsgegner lautet daher, dass die Mauthöhehierzulande deutlich angehoben werden muss. Ansonsten wird sich nimmer mehr Verkehr auf die Straße verlagern, weil die Erreichbarkeit der Ziele für die Logistikunternehmen hier viel einfacher ist. Gefordert werden hier sogar bis zu 45 Cent pro Kilometer. Dabei müssen auch kleine Lkw ab 3,5 Tonnen bedacht werden, denn auch sie schädigen die Infrastruktur sowie die Umwelt. Des Weiteren muss die Maut auf allen Straßen gelten, nicht nur auf den Autobahnen. Vor allem bekannte Ausweichstrecken müssen hier einbezogen werden, denn viele Lkw fahren an bekannten Punkten von der Autobahn ab und absolvieren die weitere Fahrtstrecke über die Bundes- oder über Landstraßen. Die Maut sollte zudem stärker differenziert sein und sich nach Gewicht, Schadstoff- und Lärmklasse des Lkw unterscheiden. Nur so kann ein Anreiz für Logistikunternehmen geschaffen werden, in neue und umweltfreundlichere Modelle zu investieren.
Allerdings ist schon jetzt absehbar, dass die Transporte auch in Zukunft nicht gänzlich auf Bahn und Schiff verlagert werden können. Das Transportaufkommen wird künftig weiter wachsen, außerdem ist der Verteilerweg bis in verschiedene Orte nur über die Straße zu ermöglichen. Daher müssen unsinnige Transporte unbedingt vermieden werden – das Warenangebot aus aller Welt gehört jedoch leider zum Standardprogramm in den meisten Geschäften. Kaum ein Kunde schränkt sich ein und kauft die Waren aus der eigenen Region: Äpfel kommen aus Neuseeland, Milch aus anderen Bundesländern, Wasser aus Frankreich usw. Transport und Energieverbrauch interessiert die wenigsten Käufer. Daher muss ein wichtiger Baustein für die Zukunft sein, dass die Kunden besser aufgeklärt werden. Der Verbraucher muss wissen, an welcher Stelle er selbst ansetzen kann und dass es durchaus Alternativen zum Obst aus aller Welt gibt. Regionale Produktions- und Handelsverflechtungen müssen unterstützt werden, sie bieten kurze Transportwege. Wenn Verbraucher sich schon nicht aufgrund der Umwelt für solche Anbieter entscheiden können, muss der gesundheitliche Aspekt ins Spiel gebracht werden. Es gilt daher, eine umfassende Aufklärung der Käufer voranzutreiben, die idealerweise bereits bei Kindern in der Schule ansetzt. Hier werden die nächsten Verbraucher groß, die schon bald selbst einkaufen gehen und entscheiden, was oder wen sie unterstützen möchten. Das bewusste Einkaufen sollte daher erklärtes Ziel der Aufklärungskampagnen werden.

Fazit: Die Straßen in Deutschland sind komplett überlastet. Daher werden immer wieder neue Autobahnen und Bundesstraßen gebaut, die jedoch mit einem Raubbau an der Natur einhergehen. Der Lkw-Güterverkehr ist jedoch für einen Großteil der Umweltprobleme mit verantwortlich bzw. begünstigt diese. Daher muss auf der Suche nach geeigneten Bausteinen für mehr Nachhaltigkeit gerade hier angesetzt werden. Die Lastkraftwagen müssen selbst sauberer, in der Zahl jedoch begrenzt werden. Die Transportwege müssen kürzer werden, was wiederum positive Auswirkungen auf die regionale Wirtschaft hätte. Des Weiteren müssen die Verbraucher im Hinblick auf ein bewusstes Einkaufen geschult werden, die Aufklärung ist gerade auf diesem Gebiet noch viel zu gering.
Kann durch Aufklärung nichts oder nicht ausreichend etwas erreicht werden, muss der Weg zur Schonung der Umwelt über die Finanzen gehen. Unternehmen müssen stärker mit der Maut belastet werden, damit sie andere Transportwege als die Lastkraftwagen wählen. Produkte aus anderen Ländern müssen langfristig teurer werden als einheimische Waren, die mit kurzen Transportwegen verbunden sind.


Technik | Mobilität & Transport, 20.11.2015

     
        
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