Wohnst Du noch oder begrünst Du schon?

Dach- und Fassadenbegrünung für ein schönes und gesundes Wohnklima

Begrünte Häuser sehen nicht nur wunderschön aus und sorgen für ein angenehmes, gesundes Wohnklima, sondern tragen einen wichtigen Teil zur Anpassung an den Klimawandel in der Stadt bei.
 
Asphaltierte Straßen, gepflasterte Gehwege und nackte Fassaden – die meisten Straßenzüge in Großstädten geben ein trauriges Bild ab. Grau statt grün ist die urbane Realität in Deutschland. Zuzug, Nachverdichtung, Versiegelung – an diesem Dreiklang scheint aufgrund des enormen Runs auf Großstädte kein Weg vorbeizuführen. Doch muss das tatsächlich so sein?

Zum 25jährigen Jubiläum schmückt Green City e.V. den Münchner Stachus mit seiner Wanderbaumallee. Foto: © Tobias Hase, Green City e.V.Nein, sagt die Umweltorganisation Green City e.V. aus München und setzt dem großstädtischen Grau mit seinem 2014 gegründeten Begrünungsbüro endlich eine grüne Kraft entgegen. Denn gerade Dächer und Fassaden bieten ein enormes Begrünungspotenzial, das bislang viel zu wenig genutzt wurde. Wohnhäuser, Büro- und Firmengebäude bieten vielfältige Handlungsmöglichkeiten für mehr Grün in der Stadt und sogar Urban Gardening.

Was bringt begrüntes Wohnen und Arbeiten?
Für nahezu jedes Haus bestehen Möglichkeiten zur Begrünung, die der Bausubstanz nicht schaden, sondern im Gegenteil zu deren Schutz und zur Verbesserung des Raumklimas beitragen. Zudem erhöht eine Gebäudebegrünung auf Dächern und an Fassaden die Lebensqualität in der gesamten Straße, da sie Lärm schluckt, optisch beruhigt und die Luft reinigt. Das Potenzial dieser bislang vernachlässigten Flächen ist sogar groß genug, um München oder andere Metropolen an zu erwartende Klimaänderungen wie Hitzetage und Starkregenereignisse anzupassen. Pflanzen kühlen im Sommer und tragen so zu einem angenehmen Stadtklima bei. Bei Regen hingegen speichert das Substrat der Dachbegrünung das Regenwasser und entlastet die Kläranlagen.

Begrünung als günstige Klimaschutzmaßnahme
Eine Gebäudebegrünung muss nicht teuer sein. Die Kosten für die grünen Alleskönner belaufen sich bei Flachdächern je nach Aufbaudicke zwischen 25 und 50 Euro pro Quadratmeter. Weitere Kostenkriterien sind die Dachneigung, die Höhe des Gebäudes sowie zum Beispiel die Zugänglichkeit des Daches. Bei Fassadenbegrünungen hängen die Kosten ebenfalls von den vorhandenen Bedingungen ab. Können so genannte Selbstklimmer wie Efeu oder Jungfernrebe ohne Kletterhilfe die Fassade begrünen, liegt der Quadratmeterpreis etwa bei 0,40 Euro pro Quadratmeter. Der so genannte leitbare Bewuchs mit einer Rankhilfe, der auch bei Wärmeverbundsystemen möglich ist, liegt bei rund 95 Euro pro Quadratmeter. Wer sich für eine Dach- oder Fassadenbegrünung interessiert, sollte sich am besten von Fachleuten beraten lassen. Im Münchener Raum freuen sich die ExpertInnen vom Begrünungsbüro über Anfragen. Bundesweit vermittelt die Fachvereinigung Bauwerksbegrünung Fachleute in Ihrer Nähe.

Vorurteile gegen Gebäudebegrünung
Bei dieser Gelegenheit widerlegen sie dann auch gleich die gängigsten Vorurteile. „Vorbehalte gegen Fassadenbegrünung sind leider weit verbreitet", bedauert Wolfgang Heidenreich. „Eine typische Sorge, die wir zu hören bekommen, ist, dass Efeu oder Jungfernrebe dem Mauerwerk schaden könnten. Das ist schlichtweg falsch. Selbstklimmer können von sich aus nicht in einen intakten Putz eindringen. Die jungen Triebe können höchstens in bereits bestehende Risse eindringen und diese vergrößern. Einer gesunden Fassade können Selbstklimmer nichts anhaben."

Die üppige Fassadenbegrünung ist ein weiteres Schmuckstück dieser Wohnanlage in der Borstei, die Münchner Geschichte schrieb und noch heute Vorbild für wirklich sozialen Wohnungsbau ist. Foto: © Wolfgang Heidenreich, Green City e.V.Bei Dächern, so Heidenreich, befürchteten viele HauseigentümerInnen, dass Pflanzen, Substrat und somit Wasser auf dem Flachdach das Dach undicht werden lassen können. Aber auch diese Sorge sei unbegründet. „Auf einem Flachdach befinden sich immer Wasser oder Schnee, es muss also ohnehin dicht sein, egal ob es begrünt wird oder nicht. Bei einem begrünten Dach ist die Dachabdichtung sogar viel besser geschützt als bei einem Kiesdach", erklärt der Experte. „Die Temperaturschwankungen sind wesentlich geringer und somit auch die unterschiedlichen Wärmeausdehnungen verschiedener Materialien, was die Alterung und Rissbildung stark reduziert und die Lebensdauer erheblich verlängert."

Für wen eignet sich eine Gebäudebegrünung?
Grundsätzlich verbessert eine Gebäudebegrünung in jedem Fall das Mikroklima im und um das Haus und schützt die Gebäudehülle vor Starkniederschlag, Hagel, UV-Strahlung und großer Temperaturschwankung. Geeignet ist sie also erstmal für jede Fassade und jedes Flachdach.

Wenn es an die Realisierung eines konkreten Begrünungsvorhabens geht, hat es der Hauseigentümer natürlich am leichtesten, denn er kann selbstständig entscheiden. Als Wohnungseigentümer muss die Eigentümergemeinschaft einen einstimmigen Beschluss für eine Gebäudebegrünung herbeiführen. Mieter müssen ihren Vermieter von den Vorteilen der Gebäudebegrünung überzeugen.

Am einfachsten ist eine Gebäudebegrünung, wenn diese von Beginn an mitgeplant wird. Doch auch bei schwierigen Bedingungen, wie Steildächern oder Fassaden mit Wärmedämmverbundsystem, sind Begrünungen natürlich auch nachträglich möglich. Immer vorausgesetzt, die Statik kann größere Lasten aufnehmen.

 Fröhliche Stelzenläuferinnen begleiten die Jubiläums-Wanderbaumallee von Green City in der Lindwurmstraße. Foto: © Tobias Hase, Green City e.V.Gebäudebegrünung ist die Bauform der Zukunft
Gerade in Ballungsräumen, in denen immer weniger Grünflächen immer mehr Menschen als Erholungs- und Rückzugsort dienen sollen, schaffen begrünte Dächer und Fassaden eine Alternative zum schwindenden Stadtgrün und bringen gleichzeitig zahlreiche positive Effekte für das Wohn- und Stadtklima mit sich: Dämmung, Kühlung, Schutz der Dachabdichtung, Lärmminderung, Feinstaubbindung und Steigerung der Biodiversität.

Viele der genannten Effekte sind gerade im Hinblick auf den zunehmenden Klimawandel von unschätzbarem Wert. Schon heute werden Großstädte an heißen Tagen gerade für ältere und kranke Menschen zu gesundheitsgefährdenden Hitzeinseln. Umgekehrt können die Wassermassen bei Starkregen aufgrund der massiven Versiegelung nicht mehr abfließen und überschwemmen ganze Straßenzüge. Dass solche Wetterextreme in den nächsten Jahren zunehmen werden, darüber besteht in der Klimaforschung längst kein Zweifel mehr. Die Dach- und Fassadenbegrünung ist eine höchst effiziente Methode, um hier gegenzusteuern.

In München haben Politik und Verwaltung erkannt, dass sich auch die bayerische Landeshauptstadt auf den Klimawandel vorbereiten muss. Gefördert wird das Begrünungsbüro nämlich vom Referat für Gesundheit und Umwelt der Landes­hauptstadt München und ist somit Teil der städtischen Klimaschutzstrategie.

Siehe „Das naturnahe Firmengelände" in forum 1/2015

 
Von Fritz Lietsch 
Sie machen München grün
forum
gratuliert Green City e.V. zu 25 Jahren Engagement
1990 begannen sieben junge Visionäre, München zu verändern. Unter dem Namen „München 2000 Autofrei e.V." verfolgten sie das Ziel, den Autoverkehr drastisch zu reduzieren, das öffentliche Verkehrsnetz zu verbessern und mehr Geh- und Radwege einzurichten. Mit positiv besetzten Aktionen wollten sie die Münchnerinnen und Münchner für mehr Umweltschutz gewinnen.

Auch nach 25 Jahren hat der Verein, der sich später Green City e.V. nannte, den Kern dieser Philosophie bewahrt. Mit 26 hauptamtlichen MitarbeiterInnen und rund 1.000 Ehrenamtlichen und Mitgliedern setzt sich das engagierte Team heute für stadtverträgliche Mobilität, einen verantwortungsvollen Umgang mit Energie, nachhaltige Stadtgestaltung und Umweltbildung für alle Altersgruppen ein.

Unter dem Motto „Umweltschutz macht Spaß!" bietet Green City e.V. rund 150 Umweltaktionen zum Mitmachen pro Jahr – vom „Streetlife Festival" auf der autofreien Ludwigstraße über die beliebte „Wanderbaumallee" und verschiedene Urban-Gardening-Projekte bis zur organisierten Schulwegbegleitung „Bus mit Füßen" und vielen anderen Umweltbildungsprojekten für Kinder und Erwachsene. Unser Tipp: Unterstützen Sie den Verein zum 25-jährigen Jubiläum mit einer Mitgliedschaft oder einer Spende und machen auch Sie Ihre Stadt zur Green City. Die Münchner Aktivisten haben dazu bereits viele gute Anregungen geliefert.

www.greencity.de


Technik | Green Building, 01.01.2016
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 01/2016 - Herausforderung Migration und Integration erschienen.
     
        
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