Ein Team-Event mit Herz und Gemüse
Food Special: Rezepte zum Ausprobieren und Genießen
Vegan leben ist „in". Doch es bleibt Skepsis. Viel zu gut schmecken Käse und Co. Sebastian Copien, leidenschaftlicher Koch, erzählt von veganen Geschmackswelten und wie schnell man einer Kuh vermeintlich in den Hintern beißt. Und er erklärt, warum gerade Firmen den Trend nicht verpassen sollten.
Von Martina Steffens
Ein veganer Gartenkochkurs bei Sebastian Copien beginnt mit einem Spaziergang. Nur fünf Minuten von seiner Show-Küche entfernt dürfen die Teilnehmer in seinem Permakultur-Garten selbst ernten, was sie später in der Küche verarbeiten werden. „Hier beginnt bereits die Begeisterung fürs Essen", erklärt Copien, viele kennen es gar nicht mehr, Gemüse selbst anzubauen. Dabei funktioniert das auch in der Großstadt wirklich einfach." Das Ganze nennt sich „urban gardening" und bedeutet Gärtnern in der Stadt. Bei Copiens Kurskonzept geht es um den ganzheitlichen Umgang mit Lebensmitteln. Und darum, die Leidenschaft dafür zu wecken.
Ernährung soll intuitiv sein und Spaß machen. Seine Prämisse ist, dass es nicht „gesund" schmecken muss. Es soll einfach nur gut schmecken und Freude bereiten. Unter diesem Motto bietet Copien Kochevents sowohl für Privatpersonen als auch für Firmenkunden an – bevorzugt in der eigenen Show-Küche. Seit neun Jahren ist er selbstständiger Koch, anfänglich mit ganz traditionellen Gerichten, bis er sich relativ schnell auf vegetarische Küche spezialisiert hat. Vor zwei Jahren ist er schließlich komplett auf vegan umgestiegen. Natürlich war da zunächst die Liebe im Spiel… Doch jetzt gibt der Erfolg dem engagierten Koch und Gärtner recht.
Fotos: Christian Verlag / / Hansi Heckmaier
Gemüse? Das ist doch nur Beilage!
Als Copien seine Kochkarriere startete, lernte er genau das: Gemüse bringt ein bisschen Farbe auf den Teller und ist eine nette Deko neben dem Fleisch. Dann der Durchbruch. Er stieg auf vegetarische Ernährung um und damit eröffnete sich ihm eine immer größer werdende Bandbreite an neuen Geschmackserlebnissen. Gemüse war nicht mehr nur Beilage, Gemüse war der Star auf dem Teller. Noch größer wurde das Spektrum, als er vollständig auf vegan umgesattelt hatte. Er lernte völlig neue Geschmackswelten kennen und lieben. Denn vegan muss eben nicht nach Schonkost schmecken. Sein veganes Mousse au Chocolat mit Kirchererbsenwasser statt Eiweiß ist schlichtweg genial und sogar besser als so manche konventionelle Variante. Wir haben uns beim forum-Testessen selbst davon überzeugen können.
„Auf Käse kann ich nicht verzichten!"
Es war eine Lernphase für ihn zu erkennen, dass es keine Einschränkung, sondern eine Bereicherung ist, auf tierische Produkte zu verzichten. Was ihm anfangs am Schwersten erschien? Keinen Käse mehr zu essen. Heute vermisst er ihn nach eigenen Angaben überhaupt nicht mehr, denn dafür hat er unglaublich viele neue Alternativen entdeckt. Er ist davon überzeugt, dass die Gewohnheit und die emotionalen Verknüpfungen maßgeblich den Takt angeben, egal ob es um neue und unbekannte oder alte und geliebte Geschmäcker geht. So ist man an gewisse Geschmäcker gewöhnt und weiß eigentlich gar nicht mehr, wie das ein oder andere – teils in Vergessenheit geratene – Lebensmittel eigentlich schmeckt. Er empfiehlt, erst einmal wenige neue Dinge zu probieren und damit regelmäßig zu arbeiten, um dann zu sehen, welche geschmackliche Vielfalt sich durch unterschiedliche Variationen und Kombinationen eröffnet. Lachend erzählt er, dass er als vegan-Neuling nach vier Wochen wieder einmal Kuhmilch probierte und den Eindruck hatte, er hätte „einer Kuh in den Hintern gebissen". Die Milch schmeckte nach Tier und das mochte er einfach nicht mehr. Das funktioniert auch umgekehrt: Mag man etwas nicht und isst es trotzdem häufiger, ist die Chance groß, dass es plötzlich richtig gut schmeckt. Vermutlich ist das für uns Menschen ein Teil unserer Überlebensstrategie. Wir können flexibel auf veränderte Nahrungsbedingungen reagieren.
Kantinenfraß? – Weit gefehlt!
Doch nicht nur in privaten Küchen geht das vegane Kochfieber um. Copien wird immer häufiger von Kantinenbetreibern, Gasthäusern und gehobenen Restaurants angefragt, um ihre Köche in veganer Küche aus- und weiterzubilden. Die Frage nach rein pflanzlicher Ernährung steigt. Die Begeisterung der Köche hält sich dabei allerdings noch häufig in Grenzen. „Viele wollen das eigentlich gar nicht lernen und werden – mehr oder weniger – dazu gezwungen. Ich packe sie dann bei ihrer Kochehre und das funktioniert in der Regel immer. Ich denke, dass jeder Koch, der seinen Beruf liebt, Gefallen an der bunten pflanzlichen Küche und seiner unglaublichen Vielfalt finden wird", erklärt Copien schmunzelnd. Wenn der Widerstand einmal bricht, geht es vielen ähnlich wie ihm damals. Plötzlich sprudeln sie vor Ideen und ihre Leidenschaft für die neue Art zu kochen ist geweckt. Zum Wohle der Bekochten. Denn wer mit Herzblut vegane Gerichte zubereitet, gibt diese Begeisterung an seine Gäste weiter. Und macht damit neugierig und Lust auf mehr.
Chef, trau dich!
Aus verschiedensten Gründen ändern viele Menschen heutzutage ihre Essgewohnheiten. Ob ethische Bedenken oder eine bewusst nachhaltige Lebensweise, vieles spricht dafür, sich ohne tierische Produkte zu ernähren. Der Trend hin zu veganer Ernährung ist unübersehbar. Zumindest im Privatbereich. Denn seit Copien nur noch vegane Kochkurse anbietet und vegane Kochbücher schreibt, hat sich sein Teilnehmerkreis deutlich verändert. Früher wurde er hauptsächlich
von Unternehmen für Kochkurse als Teamevents gebucht. Die Nachfrage war groß. Wohingegen offene Kurse für Privatpersonen eher zäh belegt waren. Jetzt ist es umgekehrt. Die Chefs trauen sich oft nicht, ihren Mitarbeitern ein rein veganes Event „aufzudrücken". Vegetarisch war noch OK. Unter „vegan" stellen sich aber viele einfach Schonkost vor – dabei sind auch in der Gemüseküche kräftige Geschmäcker und Röstaromen leicht umsetzbar. Die Firmenbuchungen
gingen trotzdem spürbar zurück.
Sebastian Copien
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Ist vegan also doch kein Trend? Doch, denn im Gegenzug sind die Anfragen von Privatpersonen deutlich gestiegen. Die Menschen suchen nach Veränderung, nach einem nachhaltigen Lebensstil und lassen sich mit großem Interesse auf diese neue Kochweise ein. Für Firmen ist das eine Chance, auch bei der Mitarbeiterbindung auf den neuen Ernährungstrend einzugehen und sich damit als fortschrittlicher und zukunftsorientierter Arbeitgeber zu präsentieren.
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Kontakt: Sebastian Copien | kochen@sebastian-copien.de | www.sebastian-copien.de
Lifestyle | Essen & Trinken, 27.06.2016
Dieser Artikel ist in forum Nachhaltig Wirtschaften 03/2016 - Zukunft der Arbeit erschienen.
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